So wie wir verschiedene körperliche Übungen durchführen, um einen funktionsfähigen und gesunden Körper zu erhalten, ist auch unser Gehirn auf Training angewiesen. Dass Bewegung wichtig für den Körper ist, ist allgemein bekannt. Was man nicht nutzt, verkümmert. Aber wussten Sie, dass laut zahlreicher wissenschaftlicher Studien dasselbe auch für das Gehirn gilt?
Heutzutage werden verschiedene Gehirntrainingsmethoden auch kommerziell in großem Umfang angeboten. Sie versprechen, die Konzentration zu verbessern oder sogar die Intelligenz zu steigern. Obwohl einige Kognitionswissenschaftler argumentieren, dass einige Behauptungen über Gehirntraining übertrieben sind, gibt es eine Vielzahl von Studien, die belegen, dass bestimmte Arten von Aktivitäten die Gesundheit des Gehirns fördern können.
Neuroplastizität
Neuroplastizität, auch bekannt als Gehirnplastizität, bezeichnet die Fähigkeit des Gehirns, sich aufgrund von Erfahrungen zu verändern und anzupassen. Der Begriff verdeutlicht, dass unser Gehirn kein statisches Organ ist, sondern sich im Laufe des Lebens dynamisch formt und neu organisiert. In den neuronalen Strukturen bilden sich „ausgetretene“ Pfade auf der Grundlage unserer vergangenen Erfahrungen. Mit jeder neuen Erfahrung erweitern sich diese Pfade, es entstehen neue Abzweigungen und es können sogar völlig neue Netzwerke gebildet werden. Die Plastizität des Gehirns ermöglicht es uns, uns anzupassen und zu verändern, auch wenn wir altern. Indem wir neue Dinge lernen, können wir neuronale Bahnen und Netzwerke bilden und stärken. Dies hilft uns, das Gehirn zu stärken, aber es kann es auch flexibler und anpassungsfähiger gegenüber Veränderungen machen.
Bezüglich der aktiven kognitiven Trainingsinterventionen und der Erholung von vermuteten klinischen Depressionen wurde eine umfangreiche Studie durchgeführt, wobei hier die Auswirkungen von kognitivem Training auf die Symptome einer Depression bei über 2.800 Teilnehmern im Alter von über 65 Jahren erforscht wurden. Dabei wurden die Teilnehmer in drei Gruppen eingeteilt, die jeweils eine andere Form des kognitiven Trainings erhielten: Training der Verarbeitungsgeschwindigkeit, Gedächtnistraining oder Denktraining.
In der Studie zeigte die Gruppe, die das Geschwindigkeitstraining absolvierte, die besten Verbesserungen. Dies lässt sich wahrscheinlich dadurch erklären, dass diese Art des Trainings besonders viele Gehirnareale aktiviert. Bemerkenswert ist jedoch, dass alle drei Gruppen auch fünf Jahre nach dem Trainingsprogramm vor altersbedingtem Abbau der kognitiven Funktionen geschützt waren. Daraus lässt sich schließen, dass bestimmte Gehirntrainings langfristige und positive Auswirkungen auf das Gehirn haben können.
Im Folgenden werden einige Gehirnübungen vorgestellt, die Sie zu Hause durchführen können. Diese Übungen zielen nicht darauf ab, Sie intelligenter zu machen, sondern, dass Sie sich bei regelmäßiger Durchführung mental fitter und kognitiv leistungsfähiger fühlen.
Quellen:
– Max Planck Institute for Human Development and Stanford Center on Longevity. A Consensus on the Brain Training Industry from the Scientific Community. Updated October 20, 2014.
– Wolinsky FD, Mahncke HW, Weg MW, et al. The ACTIVE cognitive training interventions and the onset of and recovery from suspected clinical depression. J Gerontol B Psychol Sci Soc Sci. 2009;64(5):577–585. doi:10.1093/geronb/gbp061
Kümmern Sie sich um Ihren Körper und stärken Sie gleichzeitig Ihren Geist
Zahlreiche Studien belegen, dass Menschen, die einen gesunden Lebensstil pflegen, einschließlich körperlicher Aktivität und ausgewogener Ernährung, weniger anfällig für kognitive Beeinträchtigungen im Alter sind.
Studien aus dem Jahr 2006 deuten darauf hin, dass körperliche Aktivität die Intelligenz steigern und gleichzeitig das Gehirn vor Schrumpfung schützen kann. Tierversuche aus dem Jahr 2013 zeigten sogar, dass Bewegung die Bildung neuer Gehirnzellen im Hippocampus fördern kann.
Forscher untersuchten das Gesundheitsverhalten von fast 2.300 Männern über einen Zeitraum von 30 Jahren. Sie beobachteten sowohl das Verhalten der Teilnehmer als auch ihre kognitiven Fähigkeiten, beginnend im mittleren Alter bis ins hohe Alter.
Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Männer, die ein gesundes Verhalten pflegten, im Alter deutlich seltener an kognitiven Beeinträchtigungen und Demenz litten. Das Risiko war sogar um etwa 60 Prozent geringer! Zu diesem gesunden Verhalten gehörte, nicht zu rauchen, einen gesunden Body-Mass-Index zu halten, sich regelmäßig zu bewegen, viel Gemüse und Obst zu essen und nur wenig Alkohol zu trinken.
Wer seinen Körper gesund hält, tut gleichzeitig auch seinem Geist etwas Gutes. Um die geistige Fitness zu fördern, sollten wir also zunächst an unserer körperlichen Gesundheit arbeiten. Schlendern Sie durch die Natur, tanken Sie frische Energie und beleben Sie Körper und Geist. Integrieren Sie Bewegung in Ihren Alltag und entdecken Sie die Freude daran. Genießen Sie frisches Obst und Gemüse, entdecken Sie neue Geschmackswelten und kochen Sie gesunde Gerichte. Ihr Gehirn wird Ihnen danken!
Quellen:
– Peters R. Ageing and the brain. Postgrad Med J. 2006;82(964):84–88. doi:10.1136/pgmj.2005.036665
– Wrann CD, White JP, Salogiannnis J, et al. Exercise induces hippocampal BDNF through a PGC-1α/FNDC5 pathway. Cell Metab. 2013;18(5):649-59. doi:10.1016/j.cmet.2013.09.008
Zeichnen Sie eine Karte Ihrer Stadt aus dem Gedächtnis heraus
Auch wenn Sie sich vielleicht so fühlen, als könnten Sie mit geschlossenen Augen durch die Straßen Ihrer Umgebung gehen, versuchen Sie Ihr Gehirn herauszufordern, indem Sie aus dem Gedächtnis eine Karte Ihrer Stadt oder Ihres Viertels zeichnen. Ohne zu schummeln! Versuchen Sie dabei beispielsweise Hauptstraßen, Nebenstraßen und lokale Sehenswürdigkeiten zu zeichnen.
Vergleichen Sie Ihre gezeichnete Karte mit einer realen Karte der Region, sobald Sie damit fertig sind. Wie gut haben Sie abgeschnitten? Sind Sie von einigen Dingen überrascht, die Sie vergessen haben? Wenn Ihnen diese Aktivität zu einfach erscheint, können Sie versuchen, eine weniger bekannte Region aus dem Gedächtnis zu zeichnen. Hierbei könnte es sich beispielsweise um eine Karte des gesamten Staates oder Europas handeln und versuchen Sie, jedes Bundesland bzw. Land zu beschriften.
Wenn Sie am Steuer Ihres Autos sitzen, können die Fahrten zum Supermarkt oder zum Arzt einfach und fast automatisch erscheinen. Aber wenn Sie sich dazu zwingen, sich an die Anordnung Ihrer Umgebung zu erinnern und sie auch noch zeichnen und beschriften, aktivieren Sie eine Reihe von „neuen“ Bereichen Ihres Gehirns.
Quellen:
Park DC, Lodi-Smith J, Drew L, et al. The impact of sustained engagement on cognitive function in older adults: the Synapse Project. Psychol Sci. 2014;25(1):103–112. doi:10.1177/0956797613499592
Lernen Sie etwas Neues
Diese Gehirnübung erfordert zwar etwas Hingabe, kann aber dafür auch einen sehr starken Effekt erzielen. Das Erlernen neuer Dinge ist eine erstklassige Möglichkeit, Ihr Gehirn auf Trab zu halten.
In einer Studie nahmen Forscher Erwachsene im mittleren und späten Erwachsenenalter und gaben ihnen die Aufgabe, eine Reihe neuer Fähigkeiten zu erlernen. Dabei ging es um Sachen wie beispielsweise; digitale Fotografie bis hin zu Stickerei. Anschließend wurden Gedächtnistests durchgeführt und die experimentellen Gruppen mit Kontrollgruppen verglichen. Die Kontrollgruppen beschäftigten sich mit Aktivitäten, die unterhaltsam, aber geistig nicht anstrengend waren, wie beispielsweise Filme schauen und Radio hören.
Forscher stellten dabei fest, dass nur die Teilnehmer, die neue Fähigkeiten erlernt hatten, eine Verbesserung der Gedächtnistests erreichten.
Darüber hinaus wurde festgestellt, dass diese Gedächtnisverbesserungen immer noch vorhanden waren, als sie ein Jahr später erneut getestet wurden.
Das Erlernen einer neuen Sprache, das Spielen eines Musikinstruments oder ein neues Hobby sind also Möglichkeiten, die Funktionsweise Ihres Gehirns deutlich zu verbessern. Darüber hinaus können Sie durch die ständige Erweiterung Ihrer Fähigkeiten in vielen Bereichen Ihres Lebens erfolgreicher werden.
Versuchen Sie Ihre nicht dominante Hand zu verwenden
Dies ist eine weitere interessante Übung, die laut einem Neurobiologen helfen kann, „das Gehirn am Leben zu erhalten“.
In seinem BuchKeep Your Brain Alive: 83 Neurobic Exercises to Help Prevent Memory Loss and Increase Mental Fitness, empfiehlt der Neurobiologe Lawrence Katz, die nicht dominante Hand zu verwenden, um die geistige Leistungsfähigkeit zu stärken. Obwohl die Verwendung der anderen Hand sehr schwierig sein kann, kann es eine hervorragende Möglichkeit sein, die Gehirnaktivität zu steigern.
Versuchen Sie, beim Abendessen oder beim Schreiben die Hände zu wechseln. Es wird schwierig sein, aber genau darum geht es. Die effektivsten Übungen zur Stärkung des Gehirns sind diejenigen, die nicht unbedingt einfach sein müssen.
Weitere Aktivitäten, die äußerst effektiv sind, sind jene die Sie jeden Tag machen – wie beispielsweise das Zähneputzen, Haare kämmen, etc.
Quelle:
Palmer MD. Keep Your Brain Alive: 83 Neurobic Exercises to Help Prevent Memory Loss and Increase Mental Fitness, by Lawrence Katz and Manning Rubin. Activities, Adaptation & Aging. 2016;40(1):80-80. doi:10.1080/01924788.2016.1144015.
Sozialisieren Sie sich
Studien aus dem Jahr 2019 deuten darauf hin, dass Menschen, die sozial aktiv sind, auch einem geringeren Risiko ausgesetzt sind, Demenz und Alzheimer zu entwickeln.
Die Sozialisierung bindet mehrere Gehirnbereiche ein, wobei auch viele soziale Aktivitäten auch körperliche Elemente, wie beispielsweise Sport beinhalten, was ebenfalls Ihrer geistigen Gesundheit zu Gute kommt.
Selbst wenn Sie ein introvertierter Mensch sind, kann die Suche nach sozialen Interaktionen sowohl kurz- als auch langfristig Ihrem Gehirn gut tun. Einige Ideen, wie Sie sozial aktiv bleiben können – melden Sie sich beispielsweise für ehrenamtliche Tätigkeiten in Ihrer Gemeinde an, treten Sie einem Verein bei oder melden Sie sich bei einer lokalen Wandergruppe an. Pflegen Sie aber vor allem den Kontakt zu Freunden und Familie.
Quelle:
Sommerlad A, Sabia S, Singh-manoux A, Lewis G, Livingston G. Association of social contact with dementia and cognition: 28-year follow-up of the Whitehall II cohort study. PLoS Med. 2019;16(8):e1002862. doi:10.1371/journal.pmed.1002862
Meditieren Sie
Meditation ist eine weitere Möglichkeit, Ihr Gehirn zu trainieren, die seit Jahrtausenden praktiziert wird, aber in den letzten Jahrzehnten aufgrund ihrer Wirksamkeit große Aufmerksamkeit erlangt hat. Achtsamkeitsmeditation im Besonderen wird von vielen Psychologen, Managern und alternativen Heilpraktikern befürwortet. Bevor Sie diese uralte buddhistische Tradition als nichts für Sie abtun, sollten Sie einige der wissenschaftlichen Untersuchungen zu den Auswirkungen und Vorteilen der Meditation in Betracht ziehen.
Eine Studie aus dem Jahr 2007 deutet darauf hin, dass Achtsamkeitsmeditation neue neuronale Bahnen aktivieren kann, was zu einer verbesserten Selbstbeobachtungsfähigkeit und einer erhöhten mentalen Flexibilität führt.
Weitere Untersuchungen aus dem Jahr 2007 zeigten außerdem, dass Meditation die Aufmerksamkeit, Konzentration, Empathie und sogar die Immunität verbessern kann. Die Studien legen auch nahe, dass Meditation sogar die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses erhöhen kann.
Quelle:
Siegel DJ. Mindfulness training and neural integration: differentiation of distinct streams of awareness and the cultivation of well-being. Soc Cogn Affect Neurosci. 2007;2(4):259–263. doi:10.1093/scan/nsm034
Welche Kräuter, Pflanzen und Pilze können unsere Gehirngesundheit verbessern?
Safran
Safran wird aus den gesammelten Narben der Krokuspflanze (Crocus sativus) gewonnen. Die wertvollen Inhaltsstoffe des Safrans umfassen Crocin, Safranal und Picocrocin, die zu den sekundären Pflanzenstoffen zählen. Ergänzt wird das Wirkstoffprofil durch ätherische Öle und Riboflavin (Vitamin B2). Crocin verleiht dem Safran seine charakteristische intensive rote Farbe. Picocrocin prägt den Geschmack des Safrans mit einer bitteren Note. Safranal entsteht beim Trocknen der Narben und trägt zum unvergleichlichen Duft des Gewürzes bei. Safran hat eine lange Tradition in der Heilkunde und alten Medizin. Auch heute findet Safran Verwendung in einigen Naturheilmitteln.
Safranextrakt:
- kann die Stimmung verbessern, indem er die Wiederaufnahme von Dopamin und Noradrenalin im Gehirn hemmt.
- kann zur Vorbeugung gegen Alzheimer beitragen, indem er die Ablagerung von Amyloid-β-Plaques hemmt.
- ähnlich wie verschreibungspflichtige Medikamente gegen Alzheimer (beispielsweise Donepezil) hemmt der Extrakt den Abbau von Acetylcholin, einem wichtigen Neurotransmitter.
Eine Studie der Universität Teheran ergab, dass Safranextrakte bei der Behandlung von leichter bis mittelschwerer Depression genauso wirksam sind wie Fluoxetin (Prozac). In beiden Gruppen lag die Remissionsrate bei 25%, wobei keine signifikanten Unterschiede in den Nebenwirkungen festgestellt wurden.
Mehr über die Wirkung von Safran finden Sie hier
Ashwagandha
Ashwagandha, auch bekannt als indischer Ginseng, Schlafbeere oder Winterkirsche, ist eine in Indien beheimatete Heilpflanze. Die Pflanze wächst auch in Afrika und im Mittelmeerraum. Die in Ashwagandha enthaltenen Wirkstoffe ähneln denen des Ginsengs (Panax ginseng), daher die Bezeichnung „Indischer Ginseng“.
Mehr über die Wirkung von Ashwagandha finden Sie hier
Hericium – Igelstachelbart
Der Igelstachelbart (Hericium erinaceus) trägt seinen Namen aufgrund seiner einzigartigen Erscheinung, die an einen stacheligen Korallenbewuchs erinnert. Der Pilz gehört zu den holzbewohnenden Pilzen und wächst in Wäldern auf der ganzen Welt.
In der Volksmedizin wird der Igelstachelbart seit langem als Heilpilz geschätzt. Der Pilz ist besonders für seine positive Wirkung auf das Nervensystem bekannt. Die Anwendung des Igelstachelbarts kann bei Stress, Angst, Depressionen und Schlafstörungen hilfreich sein.
Mehr über den Igelstachelbart finden Sie hier