Wir teilen ein Interview mit einem bemerkenswerten Menschen, dessen ansteckender Optimismus die schönste Neujahrsbotschaft ist, die man sich nur vorstellen kann. Wir wünschen Ihnen, dass Sie von seinem Reichtum so viel wie möglich in Ihr eigenes Leben übertragen können…
Ein Interview mit dem Schauspieler Jan Přeučil über die Magie der Worte, die Briefe seines Vaters aus dem Gefängnis, ein gesundes Leben und die Schönheit des Alltags
Von Milan Ohnisko befragt
Herr Přeučil, Sie sind nicht nur ein legendärer Schauspieler, sondern auch ein exzellenter Redner. Wo liegen die Ursprünge Ihrer tiefen Beziehung zu Ihrer Muttersprache?
Mein Interesse an der tschechischen Sprache und Rhetorik wurde bereits von meinem Vater geweckt, der uns, meiner Schwester Marta und mir, regelmäßig samstags oder sonntags ein Puppentheater vorführte. Mein Vater hieß František, meine Mutter Růženka. Beide waren leidenschaftliche Laienschauspieler. Ihre Beziehung zur Muttersprache prägte stark meine Seele. Mein Vater bat mich ab und zu, Gedichte aufzusagen. Es gibt Fotos, auf denen ich mit einem Säbel in der Hand stehe und ein Gedicht über eine Pflaume vortrage.
Einen Wendepunkt gab es an der Theaterfakultät der AMU, auf welche ich nach einigen Komplikationen im Jahr 1956 aufgenommen wurde. Ich hatte großes Glück, da mein damaliger Professor der hervorragende Schauspieler und die charismatische Persönlichkeit Radovan Lukavský war, der in uns eine sehr intensive Beziehung zur tschechischen Sprache weckte. Karel Höger lehrte uns die Technik des Filmschauspiels und der großartige Regisseur Herr Bezdíček führte uns in die Geheimnisse des Hörspiels und der tschechischen Hörspielsprache ein. Ich könnte noch einige großartige Persönlichkeiten nennen, die dort damals tätig waren. Es ist also kein Wunder, dass ich gerade dort meine große Liebe zur tschechischen Sprache entwickelt habe.
Als Theaterschauspieler muss man die Sprache perfekt beherrschen, da das Wort eine magische Kraft hat. Diese Wahrheit versuche ich auch heute noch meinen Studenten in meinen Rhetorikseminaren zu vermitteln. Darüber hinaus kann das Wort in der heutigen Zeit der Computer, des Internets, der sozialen Netzwerke usw. das Leben eines Menschen auf der ganzen Welt so beeinflussen, wie nie zuvor.
Wie nehmen Sie die Kultur der Muttersprache Ihrer jüngeren Schauspielkollegen wahr?
Eine schöne antike Idee besagt: „Der Mensch hat so viel Gewicht, wie sein Wort Gewicht hat.“ Wenn ich mich unter den heutigen Schauspielergenerationen umsehe, kann ich behaupten, dass viele Kollegen meiner Generation die tschechische Sprache auf höchstem Niveau beherrschen. Bei der jüngeren Generation – ich hoffe, dass meine Kolleginnen und Kollegen mir das nicht böse nehmen werden, da ich es als ihr älterer Kollege nur gut meine – hinkt die tschechische Sprache leider manchmal ein wenig hinterher. In verschiedenen Fernsehserien, Inszenierungen und Wettbewerben kann man es deutlich beobachten.
Und die tschechische Sprache der Politiker?
Bezüglich der politischen Szene ist das ein großes Problem. Natürlich gibt es Politiker und andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, deren Tschechisch wirklich auf höchstem Niveau ist. Es gibt aber auch viele andere, deren Sprache leider erschreckend schlecht ist. Ich selbst treffe viele Personen, die in ihren Bereichen enorme Funktionen haben, aber ihre Kenntnisse nicht in angemessener Weise bei verschiedenen Präsentationen vermitteln können. Der ist beispielsweise Auftritt eintönig, grau, langweilig, ausdruckslos und unpersönlich – genau das sind die grundlegenden Fehler.
Dass die Rhetorik, Grundlagen der Sprachkompetenz und Sprechfertigkeiten schon in der Grundschule gelehrt werden sollten, stimmt. In englisch- und deutschsprachigen Ländern wird diesem Thema große Aufmerksamkeit gewidmet. Bei uns wird dies dann durch eine Reihe von Kursen nachgeholt, was aber leider nur ein schwacher Ersatz ist. Stellen Sie sich vor, dass an der juristischen Fakultät in Prag, die ein hohes internationales Renommee genießt, Rhetorik nur ein Wahlfach ist! Dabei spielt Rhetorik in Rechtsberufen seit jeher eine enorme Rolle.
Es geht aber nicht nur um das Schauspiel oder Recht. Wenn man beispielsweise nachts den BBC einschaltet und Ausschnitte aus dem Parlament in London sieht, dann streiten sich die Politiker und haben die unterschiedlichsten Meinungen – die englische Sprache hat aber immer ein gewisses Niveau. Während in unserem Parlament… schade, dass man darüber überhaupt reden muss.
Als Sie in die Pubertät kamen, wurde Ihr Vater verhaftet und im Prozess gegen Milada Horáková verurteilt. Inwiefern hat das als Kind Ihre Seele geprägt?
Unsere gesamte Familie war froh, dass unser Vater in diesem konstruierten Prozess gegen die „Milada Horáková-Gruppe“, den das stalinistische Regime inszeniert hatte, zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Denn der ursprüngliche Vorschlag lautete, dass alle dreizehn Verurteilten die Todesstrafe erhalten sollten.
Natürlich habe ich meinen Vater in all den Jahren, in denen er im Gefängnis war, schrecklich vermisst. Was aber enorm war, ist, dass mein Vater uns aus diesen Gefängnissen – sei es Mírov, Leopoldov, Valdice oder Ruzyně – wunderschöne Briefe schrieb. Einige davon habe ich noch heute aufbewahrt und meine Schwester Marta hat die restlichen. Diese Briefe sind in Schreibschrift geschrieben. Mein Vater hat uns durch sie erzogen und uns Ratschläge für unser Leben gegeben.
Zufällig habe ich kürzlich einen dieser Briefe meiner lieben Evička vorgelesen. Es war ein Brief, den mein Vater mir zum 20. Geburtstag geschrieben hat und ich muss gestehen, dass mir beim Lesen die Tränen kamen.
Was hat er Ihnen in diesem Brief geschrieben?
Er schrieb mir, was alles ein 20. Jubiläum im Leben bedeutet und wie man richtig in den nächsten Lebensabschnitt eintritt.
Als ich dann nach großen Umwegen im Jahr 1956 an der Prager Theaterfakultät für Schauspielerei aufgenommen wurde, war ich glücklich, da es mein Traumberuf war. Ich kann mich noch an die Lebensfreude und das Glücksgefühl erinnern, dass ich Schauspielerei als Beruf ausüben konnte. Damals schrieb mir mein Vater, was der Beruf des Schauspielers bedeutet, wie man sein Niveau hält, wie man seine Noblesse, Eleganz und seinen Charakter bewahrt… Er war nicht nur ein Kunstliebhaber, sondern auch ein großer Verehrer der Ideen von Tomáš Garrigue Masaryk und ein persönlicher Freund von Jan Masaryk – und genau diese ganze Noblesse versuchte er mir zu vermitteln.
Wissen Sie, unsere Situation war sehr kompliziert. Mein Vater bewahrte sich auch im Gefängnis eine gewisse Vitalität und beeinflusste mich durch diese Briefe wirklich in vielerlei Hinsicht. Meine Mutter konnte den Druck des Kommunismus und den psychischen Stress leider nicht ertragen und starb.
Ich war in der Situation, dass ich in Leopoldov bei Bratislava, einem riesigen Gefängnis aus der Zeit Maria Theresias, nur 15 Minuten Zeit hatte, meinem Vater mitzuteilen, dass seine Frau verstorben war. Es war eine schreckliche Situation: Hinter meinem Vater stand ein Wärter, hinter mir ein Wärter, zwischen uns Drahtglas mit Mikrofon, alles wurde aufgezeichnet. Mein Vater trug meine Nachricht aber sehr tapfer, da er wusste, dass es meiner Mutter Růženka gesundheitlich sehr schlecht ging.
Als mein Vater nach 15 Jahren, auf die seine lebenslange Haftstrafe schließlich reduziert worden war, zurückkam, war unser Verhältnis durch seine lange Abwesenheit gestört. Wir haben uns aber allmählich wieder angenähert…
Mein Vater war ein großer Gentleman – eine Wertvorstellung, die ich dank ihm sehr schätze – also haben wir nicht nur alle Hindernisse überwunden, sondern unsere Beziehung hat auch eine neue Qualität und Wertigkeit bekommen. Das ist ein enorm großes Thema, mein Vater… Das ist Stoff für ein ganzes Buch.
Bevor er ins Gefängnis kam, hatte er einen eigenen Verlag, nicht wahr?
Ja. Mein Vater liebte Bücher und gründete 1945, gleich nach dem Krieg, den Verlag Pamir. Das war ein Verlagsunternehmen – und jetzt erzähle ich Ihnen etwas wirklich Bemerkenswertes – von Eliška Hrušková und František Přeučil. Eliška Hrušková war eine Freundin meines Vaters und sie finanzierte ihre Verlagsgesellschaft. Ihre Freundschaft entwickelte sich zu einer großen Liebe und als mein Vater nach all den Jahren aus dem Gefängnis zurückkam, heiratete er sie.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es noch kein Fernsehen und Bücher hatten damals einen ganz anderen Stellenwert als heute. Das erste Buch, das im Pamir-Verlag erschien, hieß Veliká noc (Ostern). Es wurde von Quido Maria Vyskočil geschrieben und von Ladislav Šaloun illustriert, dessen Statue des Meisters Jan Hus heute auf dem Altstädter Ring steht. Mein Vater veröffentlichte eine Reihe von Büchern, darunter die Reihe „Mladý konstruktér“ (Junger Konstrukteur). Das waren liebevoll gestaltete Anleitungen für Jungen, wie man sich zu Hause eine kleine Werkstatt einrichtet, wie man mit Holz arbeitet und wie man beispielsweise mit einem Hammer umgeht…
Wissen Sie, mein Vater hatte wirklich eine große Beziehung zu Büchern. Wenn er ein Buch in der Hand hatte, streichelte er es wie eine Geliebte. Er sagte zu mir: „Schau mal, Jenčo“ – er nannte mich Jenčo – „wie schön die Architektur und Gestaltung ist! Wie schön der Druck ist! Schau dir die Reproduktionen an, das Papier, den Duft, das ist wunderbar!“ Ich bin froh, dass es mir mit dem Regisseur Holeček gelungen ist, ein Buch aus dem Verlag meines Vaters als Hörspielserie für den Rundfunk zu produzieren. Es wurde von Jiří Voldán geschrieben und heißt „Pod plachtou cirkusu“ (Unter dem Zirkuszelt). Es spielt im Zirkusmilieu, bietet aber einen ganz anderen Blickwinkel als Eduard Basses Cirkus Humberto. Es ging nämlich um einen alten russischen Zirkus… Das war etwas!
Kurz gesagt war Pamir ein sehr markanter und interessanter Verlag. Das beweist auch die Tatsache, dass der Verband der tschechischen Buchhändler und Verleger meinen Vater nach seiner Rückkehr aus dem Gefängnis im Jahr 1963 – übrigens kurz vor Weihnachten, also genau zu der Zeit, als wir dieses Gespräch führen – zu seinem Ehrenvorsitzenden ernannte.
Und als ich viele Jahre später meiner Frau Evička Hrušková den Ring ansteckte, war mir der ganze Zusammenhang mit ihrem Nachnamen sehr bewusst und ich wusste, dass es Schicksal war. Denn Evička liebt wie Eliška Bücher und ist eine unglaublich leidenschaftliche Leserin.
Ihre erste Frau Štěpánka Haničincová war ein großer Star meiner Kindheit. Ich habe Čertíka Bertíka als Kind geliebt. Ich erinnere mich auch noch aus vielen verschiedenen Märchen an sie. Wie wichtig ist Ihnen als Schauspieler die Arbeit für Kinder?
Danke für diese Frage, denn es ist nicht nur ein sehr interessantes, sondern in der heutigen Computerzeit auch ein sehr wichtiges Thema. Nur möchte ich klarstellen, dass meine erste Frau nicht Štěpánka war, denn vor ihr hatte ich, was nicht so bekannt ist, eine kurze „Probeehe“. Als ich Soldat in České Budějovice war, verliebte ich mich in ein wunderschönes schwarzhaariges Mädchen namens Mirka. Unsere Ehe endete bald und konfliktlos.
Aber zu Ihrer Frage. In den sechziger und siebziger Jahren wurden viele Fernsehmärchen gedreht – russische Bylinen, norwegische Märchen, orientalische Märchen oder französische Märchen, in denen Štěpánka fast alle weiblichen und ich fast alle männlichen Rollen spielte. In dieser Zeit haben wir uns ineinander verliebt. Natürlich spielten wir auch zusammen Theater für Kinder, was sehr erfolgreich war, weil Štěpánka ein Idol für Kinder war. Sie war unglaublich beliebt und hat mehrere Generationen erzogen.
Und ich weiß sehr gut, dass Ihre Generation, Herr Redakteur, aber auch die jüngere und ältere Generation, sie nicht vergessen kann…
Sie hat ihren Beruf wirklich geliebt, nicht wahr?
Absolut und von ganzem Herzen. Die Puppen, ob es Čertík Bertík oder Kačenka war, waren für sie keine Puppen, sondern Schauspielpartner. Und durch diese Puppen beeinflusste sie die Erziehung der jungen Generation, die damals heranwuchs. Štěpánka hatte übrigens eine sehr schöne tschechische Sprache, was ihr sehr wichtig war. Außerdem sang sehr schön und gut. Sie war eine gebildete, großartige Dame. Eine Dame mit großem D!
Zusammen hatten wir ein Theater und tourten damit durch die böhmischen Länder. Es waren Štěpánčiny a Bertíkovy čáry máry oder Kostkované pohádky. Diese Vorstellungen waren uns sehr wichtig und wir haben uns immer bemüht, dass sie stets auf einem hohen professionellen Niveau waren.
Kurz bevor Štěpánka in den Schauspielerhimmel ging, zog Evička Hrušková – die erste tschechoslowakische Filmaschenputtel – in die Vinohrady, direkt gegenüber von uns, ein. Und wir haben uns am ersten Abend nach Štěpkas Tod mit Evička kennengelernt. Und wissen Sie, wie? Sie klingelte bei mir, reichte mir ein Tablett mit einem Tee und einem Gugelhupf und meinte: „Nachbar, jetzt werden Sie Kraft brauchen.“ Das war enorm. Mir kamen damals fast die Tränen.
Und nach einigen Wochen, als der Schmerz nach Štěpkas Tod langsam nachließ, schlug ich Evička vor: „Was wäre, wenn wir etwas im Theater versuchen würden?“ Sie antwortete: „Das wäre mir eine große Ehre.“ So gründeten wir gemeinsam das Theater Eva Hrušková und Jan Přeučil. Das erste Stück, das wir probten, war Šípková Růženka und wir spielen es bis heute. Dort gibt es wunderschöne Puppen. Wir bemühen uns, dass unsere Vorstellungen in jeder Hinsicht auf höchstem Niveau sind. Vor kurzem hat Evičkas Sohn Zdeněk Rohlíček angefangen, mit mir zu alternieren, da wir offen sind und versuchen, den ganzen Prozess ständig zu beleben.
Es ist also aus meiner Sicht unglaublich wichtig, Theater für Kinder zu machen, da es in ihnen die Vorstellungskraft, Fantasie und Liebe zur tschechischen Sprache weckt. Unsere Stücke sind voller Musik und Evička singt außerdem hervorragend. Der Komponist Zdeněk Barták arbeitet mit uns zusammen. Er komponiert für uns wunderschöne Melodien… Und so eine Theaterform wie unsere beeinflusst natürlich jedes Kind. Wir freuen uns sehr, wenn das sehr gut ankommt und nach der Vorstellung Lehrerinnen oder Eltern zu uns kommen und sagen: „So ein schönes Stück haben wir schon lange nicht mehr gesehen.“
Also ich denke, dass in der heutigen Zeit, in der die junge Generation von Tablets, Handys, Computern und wer weiß was noch alles beeinflusst wird, der lebendige Kontakt für ihre Erziehung und den Einstieg ins Erwachsenenleben enorm wichtig ist.
Sie strahlen vor Optimismus. Haben Sie ein Rezept für ein glückliches Leben?
Das kann ich Ihnen gerne sagen, denn das Rezept für ein gutes und hochwertiges Leben ist sehr einfach. Evička hat mir einmal ein wunderschönes Buch über einen gesunden Lebensstil geschenkt. Darin hat mich ein Satz besonders beeindruckt: „Die Kunst des Lebens besteht darin, die Schönheit des Alltags zu erkennen.“ Evička und ich leben nach diesem Motto und gestalten auch unsere Beziehung danach.
Als wir uns vor 20 Jahren kennenlernten, haben wir uns versprochen, dass wir unsere Beziehung jeden Tag neugestalten und kreativ gestalten wollen, damit sie nicht erstarrt und grau wird, sondern immer positiv bleibt. So versuchen wir auch problematische Situationen, die natürlich auch unser Leben mit sich bringt, immer mit einem gewissen Abstand und Optimismus zu lösen. Mit gesunder Souveränität und gesunder Demut – das ist übrigens ein Gedanke meines Schauspielprofessors Radovan Lukavský, der uns sagte: „Vergesst nicht, im Leben gesund souverän und gesund demütig zu sein.“
Wissen Sie, ich habe den Optimismus in den Genen von meinem Vater. Er sagte mir immer: „Junge, als ich im Gefängnis war, war ich manchmal drei Monate lang in Einzelhaft. Und obwohl ich nicht wusste, ob es Morgen oder Abend war, bin ich nie dem Pessimismus verfallen. Selbst in dieser kleinen Zelle bin ich gegangen. Ich bin dort täglich mehrere Kilometer gelaufen. Und wenn ich in einem Fleck an der Wand einen Papagei sah oder mich in der Zelle ein Ameisenhaufen besuchte, dann habe ich mit ihnen gesprochen. Ich habe einfach versucht, mein Leben auch unter den verzweifelten Bedingungen des kommunistischen Gefängnisses optimistisch zu nehmen…“
Als mein Vater aus dem Gefängnis zurückkam, traf er sich mit einer Gruppe seiner Mithäftlinge einmal pro Woche zum Kaffee und Wein – sie nannten sich „Muklové“ – hier im Hotel Graf in Vinohrady. Mein Vater nahm mich ein paar Mal mit hin und sie sagten mir immer: „Junge, dein Vater war auch in diesen grausamen Zeiten ein Wahnsinnsoptimist. Und wenn einer von uns einen Brief bekam, dass sich seine Frau von ihm scheiden lässt, damit die Kinder studieren können, was schrecklich war, hat er uns immer unterstützt. Er ermutigte uns, dass das kommunistische Regime bald fallen würde und es wieder gut gehen würde.“
Und all das ist auch in mir präsent. So versuche ich auch in komplizierteren Situationen, ein paar Mal tief durchzuatmen und das Leben weiter zu genießen.
Und wie kümmern Sie sich um Ihren Körper? Wie sieht es mit Sport und Vitaminen aus?
Ich bin ein großer Schwimmer – ich gehe schwimmen, wann immer ich kann. Jeden Morgen mache ich eine Reihe von Übungen, die sich „Die Fünf Tibeter“ nennen.
Und meine Evička hat die Reishi-Pilze entdeckt – wir sind beide begeisterte Kunden! Wir beziehen sie von der Firma Superionherbs, wobei wir nach einer Zeit gefragt wurden, ob wir nicht die Gesichter ihrer Firma werden wollen, was für uns eine große Ehre ist. Wir haben Reishi schon vielen unserer Kollegen und Freunde empfohlen, weil sie dem Menschen Energie geben, das Immunsystem stärken, den Körper reinigen und die Stimmung verbessern. In ihnen steckt die Kraft der Natur und keine Chemie…
Das erinnert mich ein bisschen an meine Jugend, denn mein Vater war ein begeisterter Pilzsammler und nahm mich oft mit. Wir gingen rund um Ondřejov Pilze sammeln, wo die Přeučils den Grundstein für ihre Familie legten. Das hat mir immer sehr Spaß gemacht, als mein Vater im Wald Pfifferlinge sammelte, die, wenn man sie auf den Herd legte, eine Art Milch abgaben, angenehm salzig waren und mir sehr gut schmeckten. Oder wenn meine Großmutter eine duftende Suppe mit Pilzen oder eine tolle Pilzmischung machte – das war ein Genuss! Auch meine Mutter hat immer gerne und gut mit Pilzen gekocht… Im Laufe des Lebens sind diese Pilzerlebnisse aus meiner Kindheit in Vergessenheit geraten und die Reishi-Pilze haben sie mir unerwartet wiederbelebt.
Sind Sie gläubig?
Sehen Sie, das ist in meinem Fall ein ziemlich heikles Thema. Ich respektiere Religion und Glauben. In meiner Familie hat die Kirche eine große Bedeutung gehabt und hat sie immer noch. Mein Vater war sehr gläubig und meine Schwester Marta ist Pfarrerin der Tschechoslowakischen Hussitischen Kirche. In der Kindheit gingen wir alle jeden Sonntagvormittag in den Husverein in Dejvice zum Gottesdienst. Und das hat in mir einen gewissen Eindruck hinterlassen. Das bedeutet aber nicht, dass ich nicht vor Menschen, die so leben, meinen Hut tiefziehe.
Die Begegnung mit dem Buddhismus hat mich aber stark beeindruckt. Ich habe mal in der Mongolei einen Film gedreht. Wir waren mehrere Wochen in Ulan Bator und besuchten buddhistische Tempel. Ihre Beziehung zur Natur, zu den Wurzeln und zum gesamten Universum, die ich dort verspürte, hat mich enorm beeindruckt.
Wissen Sie, ich habe meinen eigenen Glauben, das ist so etwas wie mein persönliches Geheimnis. Aber eines verrate ich Ihnen. Ich habe meine Glückszahl – die Zahl vier. Ab und zu halte ich an und zähle bis vier, damit alles gut geht. Und mehr möchte ich dazu mit Ihrer Erlaubnis nicht sagen.
Wir sprechen miteinander in einer Zeit der sich verstärkenden Coronavirus-Pandemie. Geschäfte und Restaurants werden wieder geschlossen… Haben Sie Angst vor dem Tod?
Vor kurzem hat mir Ihr Kollege von den Divadelní noviny die gleiche Frage gestellt. Meine Antwort an ihn und an Sie ist einfach. Ich betrachte den Tod als einen natürlichen Teil unseres Lebens. Und somit als eine Tatsache, mit der man sich abfinden muss.
Aber natürlich tue ich alles, um ihn hinauszuzögern. Während der Coronakrise, in der wir nicht spielen können, haben Evička und ich einen Tagesrhythmus eingeführt. Bei uns in Vinohrady gibt es die schöne Spanische Straße. Sie ist von Bäumen gesäumt und führt bis hinunter zum Hauptbahnhof. Dort machen wir mit Evička regelmäßig Nordic Walking oder Seversches Gehen. Evička hat es einmal mitgemessen – ein solcher Spaziergang hat 1.200 Meter, sodass wir täglich mehrere Kilometer gehen. Das ist jedes Mal aufs neue extrem erfrischend und belebend.
Zu dem Spaziergang hat mich unser großer Regisseur Otakar Vávra inspiriert. Das war jemand. Ich hatte die Ehre, in einigen seiner Filme zu spielen. Er sagte mir einmal, als er schon im hohen Alter war: „Přeučko, ich sage dir etwas. Ich wohne in Holešovice, in der Argentinischen Straße, und gehe jeden Tag zu Fuß von zu Hause entlang der Moldau bis zur Kleinseite. Dort esse ich in einem Restaurant etwas Leckeres zum Mittagessen und gehe wieder zurück. Und genau das hält mich am Leben.“ Heute weiß ich, wovon er sprach, denn auch uns vitalisiert das Gehen mit Evička enorm und bringt uns jedes Mal aufs neue, Freude.
Wenn also der Tod kommt, wird es der Abschluss eines Lebenszyklus sein. Bis dahin kann man aber noch schön leben.
Wenn ein junger Mensch zu Ihnen käme und Sie fragen würde, was Ihnen im Leben das Wichtigste ist, was würden Sie ihm antworten?
Wissen Sie, diese Frage bekomme ich oft von Schauspielstudenten gestellt. Ich antworte darauf so: Die Kunst, das Leben zu genießen, eine schöne Beziehung zur Natur zu haben und sich von dem zu ernähren, was einem Freude macht und Spaß macht. Wenn Sie in irgendeinem Beruf gut sein wollen, müssen Sie von diesem Beruf besessen sein, anders geht es nicht. Wenn Sie all das verinnerlichen, werden Sie glücklich sein, werden Sie zufrieden sein und werden Sie Freude daran haben, so leben zu können.
Und wenn Sie eine Beziehung haben, müssen Sie sich täglich um sie kümmern und sie ständig neugestalten, damit sie eine schöpferische Beziehung ist. Es ist wie bei einer Theateraufführung: Es soll kein Moment abgenutzt sein, sondern jedes Mal wie zum ersten Mal sein.
Sie zitieren gerne die Worte von Weisen. Hätten Sie zum Schluss nicht noch ein Zitat? Vielleicht irgendeins, welches nicht allzu lang her ist?
Ja, ich hätte sogar eines! Ich war kürzlich in einer Therme, weil ich eine leichte Arthrose in der Hüfte habe. Und ein Physiotherapeut sagte mir dort: „Přeučko, eine leichte Arthrose in Ihrem Alter, das ist Luxus!“ Das hat mir sehr gefallen.
Und dort kam mir ein Text in die Hände, in dem ich auf einen wunderschönen Gedanken des Schriftstellers Ota Pavel stieß: „Die Kunst, sich über alles freuen zu können. Nicht darauf warten, dass in der Zukunft etwas kommt, das das Richtige sein wird, denn es ist möglich, dass das Richtige gerade jetzt passiert.“
Genau das beschreibt auch unser Gespräch hier, Herr Redakteur. Wir führen ein schönes Gespräch in der gemütlichen Faux Pas-Kneipe auf der Vinohradská třída, schauen uns in die Augen und genießen es. Und genau das ist der Treibstoff des Lebensglücks.