Wie man das Myelin schützt – den Wunderisolator unserer Nerven

  Wenn wir den menschlichen Körper genauer betrachten, stoßen wir auf unzählige Wunder der Natur. Jedes noch so kleine Element scheint perfekt durchdacht und für seine Aufgabe geschaffen zu sein. Die reibungslose Funktion dieser winzigen Bausteine hat enorme Auswirkungen auf den gesamten Organismus. Heute widmen wir uns einem dieser Wunder, das uns Säugetieren, ein leistungsstarkes […]

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Wenn wir den menschlichen Körper genauer betrachten, stoßen wir auf unzählige Wunder der Natur. Jedes noch so kleine Element scheint perfekt durchdacht und für seine Aufgabe geschaffen zu sein. Die reibungslose Funktion dieser winzigen Bausteine hat enorme Auswirkungen auf den gesamten Organismus. Heute widmen wir uns einem dieser Wunder, das uns Säugetieren, ein leistungsstarkes Nervensystem und Fähigkeiten wie Gedächtnis, logisches Denken und Sprache ermöglicht. Was passiert jedoch, wenn dieser faszinierende Stoff Schaden erleidet? Einige von euch werden es womöglich schon vermutet haben; es handelt sich hierbei um Myelin.

Was ist Myelin

Myelin wurde 1854 vom deutschen Pathologen und Biologen Rudolf Virchow entdeckt.

Es handelt sich um eine fettartige Substanz mit vielen Schichten (Multilamellarstruktur), die die Axone von Nervenzellen („Drähte“ des Nervensystems“) umhüllt. Myelin ist für die Isolation der Axone zuständig und erhöht die Geschwindigkeit, mit der elektrische Impulse (Aktionspotenziale) entlang des Axons wandern. Ein myelinisiertes Axon ähnelt einem elektrischen Kabel mit Isoliermaterial (Myelin) um den Kern. Im Gegensatz zur durchgehenden Kunststoffummantelung eines Stromkabels bildet Myelin jedoch keinen einzigen langen Mantel über die gesamte Länge des Axons. Stattdessen umhüllt es den Nerv in Segmenten: In der Regel ist jedes Axon von mehreren langen, myelinisierten Abschnitten mit kurzen Zwischenräumen dazwischen umgeben, die als Ranvier-Schnürringe bezeichnet werden.

Ein Isolator mit Superkräften

Die Hauptaufgabe des Myelins besteht darin, die Geschwindigkeit der elektrischen Impulse entlang der myelinisierten Fasern zu erhöhen. In nicht myelinisierten Fasern breiten sich elektrische Impulse wie kontinuierliche Wellen aus, während sie in myelinisierten Fasern „springen“. Diese Art der Ausbreitung ist deutlich schneller als die erste – zumindest bei Axonen oberhalb eines bestimmten Durchmessers. Man geht davon aus, dass Myelin großen Organismen ermöglicht, ihre Größe beizubehalten, indem es die Kommunikation zwischen weit entfernten Körperteilen schnell und effizient aufrechterhält. Selbst die beste Isolierung hätte Schwierigkeiten, elektrische Signale über große Entfernungen aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus darf man nicht vergessen das Axone großer Tiere wie Giraffen sogar bis zu 4,5 Meter lang sein können. Forschungen in den 1940er Jahren haben gezeigt, dass Myelin die Erhaltung und Übertragung von Signalen über große Entfernungen gewährleistet.

Das Neuron und die Myelinscheide, die ein Axon umgibt – eine detaillierte anatomische Illustration.

Die Rolle des Myelins in der Gesundheit und in Krankheiten

Nachdem Wissenschaftler die Rolle des Myelins in der Nervenkommunikation verstanden hatten, wollten sie herausfinden, was passiert, wenn Myelin beeinträchtigt wird. In den 1980er Jahren untersuchten Wissenschaftler mithilfe von Tiermodellen, wie sich elektrische Nervensignale verändern, wenn Axone ihres Myelins entnommen werden (demyelinisiert werden). Als sie bei Katzen chemisch einen Myelinverlust im Rückenmark auslösten, stellten sie fest, dass sich die Signale langsamer entlang der Nervenfasern fortbewegten und oft nicht bis zum Ende des Axons gelangten.

Ungefähr zur gleichen Zeit gelang es den Wissenschaftlern auch, einen Durchbruch bei der Identifizierung vieler Myelinbestandteile zu erzielen, wie beispielsweise der Hauptproteinkomponenten der Myelinscheide und der Gene, die sie codieren. Sie entwickelten Mäusemodelle mit defekten Myelinproteinen, was zu einem Myelinmangel führte. Eines dieser Modelle ist die „Shiverer“-Maus, die nach ihrem Zittern benannt ist. Mäuse wie die Shiverer-Maus boten Wissenschaftlern ein Modellsystem, um die Funktion von Myelin im gesunden Nervensystem und seine Dysfunktion bei demyelinisierenden Erkrankungen zu untersuchen.

Myelinverlust bei Krankheiten

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronische, invalidisierende Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), die weltweit mehr als 2,3 Millionen Menschen betrifft. MS entsteht durch die Ansammlung von geschädigtem Myelin und den darunter liegenden Nervenfasern, die isoliert und geschützt werden sollen.

Aktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass an der Entstehung von MS Autoimmunreaktionen beteiligt sind. Wissenschaftler vermuten, dass Immunzellen, die den Körper normalerweise vor Krankheitserregern und Schadstoffen schützen, fälschlicherweise die Myelinscheide angreifen, sie ablösen und die darunter liegenden Nervenfasern freilegen. Neueste Forschungsergebnisse deuten außerdem darauf hin, dass bereits zu Beginn der Erkrankung eine Schädigung der Axone auftritt.

Wenn das Myelin geschädigt ist, wird die Fähigkeit der Nervenzellen im Gehirn und Rückenmark, miteinander und mit den Muskeln zu kommunizieren, beeinträchtigt. Dies führt zu einer Reihe von unvorhersehbaren Symptomen, die von Person zu Person variieren können. Diese Symptome, die vorübergehend oder dauerhaft sein können, reichen von Müdigkeit, Schwäche und Taubheitsgefühlen bis hin zu Sehstörungen und sogar Lähmungen.

Neue Ansätze zur Behandlung von demyelinisierenden Erkrankungen

Intensivste Forschungen zur Zusammensetzung, Bildung und Funktion von Myelin haben neue Möglichkeiten zur Behandlung von myelindegenerativen Erkrankungen wie der Multiplen Sklerose (MS) eröffnet.

Reparatur und Schutz

Ein Ansatz zur Therapie von demyelinisierenden Erkrankungen wie MS ist die Reparatur und der Schutz von Myelin. Dieser Ansatz konzentriert sich darauf, bereits bestehende Schäden zu reparieren und weitere Schäden an Nerven und Axonen zu verhindern.

Einige der derzeit für die MS-Therapie zugelassenen Medikamente folgen einer anderen Strategie. Sie wirken, indem sie die Aktivität des Immunsystems unterdrücken oder verändern und Myelin vor unberechtigten Angriffen schützen. Bisher befasst sich jedoch kein verfügbares Medikament mit der Regeneration von verlorenem Myelin.

Wissenschaftler erforschen zurzeit verschiedene Ansätze zur Regeneration und zum Schutz von Myelin, wie beisipielsweise die Entwicklung von Therapien, die die natürliche Heilungsfähigkeit des Gehirns stimulieren, die Entdeckung neuer Zielstrukturen für Medikamente zur Myelinregeneration und Pilotstudien zur Stammzelltherapie an Tiermodellen.

Präventive Möglichkeiten das Myelin zu schützen

1) Schlaf

Studien an Tieren belegen, dass Schlaf die Menge an Oligodendrozyten-Vorläuferzellen (OPC) im Körper erhöht, was zu einer erhöhten Myelinproduktion führen kann. Schlaf ist mit einer höheren Expression von Myelinisierungsgenen verbunden. Hier befindet sich die Studie.

Wissenschaftler fanden heraus, dass sich die Produktionsrate von myelinbildenden Zellen (Oligodendrozyten) verdoppelte, wenn Mäuse schliefen.

Der Anstieg war während der Schlafphase am deutlichsten, die mit Träumen verbunden ist (REM-Schlaf).

Umgekehrt schalteten sich Gene, die an Zelltod und Stressreaktionen beteiligt sind, ein, wenn Mäuse gezwungen wurden, wach zu bleiben.

Ausreichend ruhiger Schlaf ist für die allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden des Gehirns, gut. Um den Einfluss von Schlaf auf die Myelinisierung untersuchen zu können, müssen Studien am Menschen durchgeführt werden. Hier befindet sich die Studie.

2) Bewegung und Sport

Tierversuche zeigen, dass Bewegung den Myelinspiegel nach Verletzungen und bei Mäusen mit Alzheimer-Krankheit erhöhen kann. Hier befindet sich die Studie.

Es scheint, dass Bewegung auch die Funktion der Mitochondrien, die Myelin erhöhen, bei Tieren, die mit einer fettreichen Diät gefüttert werden, erhöht. Hier befindet sich die Studie.

Wir wissen immer noch nicht, wie Bewegung das Myelin beim Menschen beeinflusst. Was wir aber bereits wissen ist, dass das regelmäßige Bewegung die Gesundheit des Gehirns fördert. Hier befindet sich die Studie.

3) Sozialisierung und neue Erfahrungen

Die Forschung deutet darauf hin, dass Sozialisierung und eine angereicherte Umgebung die Myelinisierung unterstützen können – insbesondere im Hinblick auf die frühe Entwicklung.

Die Anzahl der myelinbildenden Oligodendrozyten stieg um 27 bis 33% in der Sehrinde von Ratten, die in einer Umgebung aufgezogen wurden, die mit zusätzlichen Spielgegenständen und sozialen Interaktionen angereichert war.

Eine angereicherte Umgebung erhöhte die Anzahl der myelinisierten Axone im Corpus callosum von Affen und Ratten.

Frühe Erfahrungen verbesserten die Struktur der weißen Substanz bei menschlichen Kleinkindern (innere Kapsel und Stirnlappen) parallel zu einer Verbesserung der Leistung in Verhaltenstests.

Bei Kindern, die in ihrer Kindheit unter schwerer Vernachlässigung litten, verringerte sich die Fläche des Corpus callosum um Ganze 17%.

Hier befindet sich die Studie.

4) Erlernen neuer komplexer Fähigkeiten

Das Erlernen komplexer Fähigkeiten, wie beispielsweise das Klavierspielen, geht mit einer Vergrößerung der weißen Substanz in den Gehirnregionen einher, die an der musikalischen Leistung beteiligt sind.

Die Menge der weißen Substanz nahm proportional zu der Anzahl der Stunden zu, die jeder Untersuchende auf dem Instrument übte, was darauf hindeutet, dass es beim Erwerb bestimmter Fähigkeiten zu einer Zunahme der weißen Substanz kommt.

Lebensmittel, welche die Myelinbildung unterstützen können

1 ) Hericium

Extrakt aus der Pilzart Igelstachelbart (Hericium erinaceus) beschleunigte den Myelinisierungsprozess bei Tieren und unterstützte die normale Entwicklung der Myelinscheide. Der Myelinisierungsprozess begann in Gegenwart des Extrakts früher als bei den Kontrollgruppen und zeichnete sich durch eine höhere Geschwindigkeit aus. Der Extrakt aus Hericium erinaceus unterstützte also die normale Entwicklung kultivierter Kleinhirnzellen und zeigte einen regulierenden Einfluss auf den Myelinisierungsprozess.
Hier befindet sich die Studie.

2 ) Ashwagandha

Ashwagandha (Wurzel von Withania somnifera) wird für viele Zwecke verwendet und gilt in der traditionellen ayurvedischen Medizin vor allem als Tonikum. Ashwagandha enthält einen Wirkstoff namens Withanosid IV. Bei Mäusen erhöhte Withanosid IV den Myelinspiegel. Bei Mäusen, die mit Withanosid IV supplementiert wurden (10 Mikromol/kg/Tag über 21 Tage), erhöhte sich die Axondichte und der Myelinspiegel des peripheren Nervensystems.
Hier befindet sich die Studie.


3) Vitamin C

Tierstudien deuten darauf hin, dass Vitamin C die Myelinbildung unterstützen kann.

Vitamin C, auch Ascorbat genannt, ist als Cofaktor in mehreren Enzymreaktionen wichtig. Wissenschaftler vermuten unter anderem, dass die Ascorbat-abhängige Kollagensynthese bei der Myelinisierung helfen kann. Ascorbat, das den Schwannschen Zellen und Neuronen von Ratten zugesetzt wurde, unterstützte die Myelinbildung.

Die Studien befinden sich 
HIER und HIER.

4) Cholesterin

Cholesterin ist ein Hauptbestandteil von Myelin. Die Trockenmasse von Myelin enthält etwa 70 bis 85% Lipide. Cholesterin ist für das Wachstum der Myelinmembran notwendig. Er wird in der Membran benötigt, damit die Scheide normal funktionieren kann.

Obwohl Cholesterin im Übermaß schädlich ist, sollten klinische Studien untersuchen, ob die Aufnahme ausreichender Mengen aus nährstoffreichen Lebensmitteln wie Eiern, Sardinen oder Joghurt gesund und überhaupt förderlich für die Myelinisierung sein kann. Bevor Sie jedoch den Verzehr von cholesterinreichen Lebensmitteln erhöhen, sollten Sie unbedingt Ihren Arzt konsultieren.
Hier befindet sich die Studie.

5) Quercetin

Quercetin erhöht die Anzahl der myelinbildenden Zellen (Oligodendrozyten) nach einer Verletzung.
Die antioxidativen Flavonoide Luteolin, Quercetin und Fisetin können die Menge an Myelinabbau durch Makrophagen (Phagozytose) verringern.
Hier befindet sich die Studie.

Faktoren, die die Myelinisierung verringern können

Über die Faktoren, die die Myelinisierung verringern können, gibt es nicht genügend zuverlässige Informationen. Die meisten der folgenden Studien befassen sich mit Assoziationen oder wurden an Tieren oder Zellen durchgeführt. Daten am Menschen fehlen jedoch.

Die folgenden Faktoren werden nur aufgeführt, um die Forschungsergebnisse vorzustellen.

Wenn Sie sich Sorgen um Ihre Myelinisierung machen, wenden Sie sich an Ihren Arzt, um eine genaue Diagnose, Therapie und Empfehlungen für gesundheitsfördernde Gewohnheiten für Ihr Gehirn zu erhalten.

1) Entzündung

Es wird vermutet, dass entzündliche Zytokine die Myelinisierung verringern [85].

In kultivierten Präparaten, die Zytokinen wie TNF-alpha und Lymphotoxin ausgesetzt sind, kommt es zur Zerstörung von Myelin und Oligodendrozyten.

Multiple Sklerose ist eine Erkrankung, die Demyelinisierung verursacht. Einige Studien haben gezeigt, dass diese und andere Zytokine an Läsionsstellen und im Liquor cerebrospinalis von Patienten mit Multipler Sklerose erhöht sind, wobei man unter anderem auch ähnliche Befunde in Tiermodellen beobachten konnte. Weitere Studien am Menschen sind erforderlich.
Hier befindet sich die Studie.

2) Alkohol

Rauschtrinken bei Jugendlichen ist mit einer geringen Integrität der frontalen weißen Substanz verbunden.

Bei Ratten verringerte Rauschtrinken in der Jugend die Größe des Corpus callosum und degradierte myelinbasisches Protein in der grauen Substanz.

Myelin war auch an Axonen in der präfrontalen Hirnrinde (medial) von betrunkenen Jungratten geschädigt – vermehrtes Trinken sagte eine schlechtere Leistung in einem Arbeitsspeicheraufgaben im Erwachsenenalter voraus.

Diese Ergebnisse belegen eine kausale Rolle des freiwilligen Alkoholkonsums auf Myelin und geben Einblicke in spezifische präfrontale Axone, die einerseits empfindlich auf Alkohol reagieren und andererseits zu Verhaltens- und kognitiven Funktionsstörungen im Zusammenhang mit frühem Trinken und Alkoholismus beitragen könnten.
Hier befindet sich die Studie.

3) Statine

Statine sind Medikamente, die zur Heilung von Herzerkrankungen beitragen. Einige Tierversuche deutetenn darauf hin, dass Statine negative Auswirkungen auf Oligodendrozyten und die Myelinbildung haben können. Um diese Behauptungen zu nachweisen zu können, sind umfangreiche Daten aus Studien am Menschen erforderlich.
Hier befindet sich die Studie.

4) Einwirkung elektromagnetischer Felder

Eine Studie kam zu dem Schluss, dass EMP von Dingen wie Mobiltelefonen und WLAN eine Verschlechterung des Myelinzustands verursachen können. Ergebnisse bzw. Informationen am Menschen fehlen leider auch in diesem Fall.
Hier befindet sich die Studie.

 

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