Interview mit dem Fernsehmoderator Karel Voříšek über die Kindheit am Bahnhof, die Nachrichten als lebenden Organismus, die Kunst des Zuhörens – und darüber, dass „die Vergangenheit Schwachsinn und die Zukunft eine Hure ist“
Milan Ohnisko fragt
Sie wurden in Slaný geboren. Wie kann man sich Ihre Familie vorstellen?
Ich wurde zwar in Slaný geboren, aber dort gab es nur die Entbindungsstation. Von dort brachte mich meine Mutter nach Kamenný Most bei Kralupy nad Vltavou, einem kleinen Dorf. Wir nannten es „Kameňák“ – manchmal scherze ich, dass Zdeněk Troška es mir dann für seine berühmten Filme gestohlen hat. Bis zur ersten Klasse bin ich dort aufgewachsen, das war wunderbar. Meine Großmutter hatte einen großen Bauernhof, an den erinnere ich mich gerne.
Dann zogen wir nach Kralupy nad Vltavou, wo ich die J.-A.-Komenský-Grundschule besuchte. Ich hatte den großen Vorteil, dass meine Mutter in der Schulküche als Köchin arbeitete. Und gleichzeitig den großen Nachteil, dass sie alle Lehrer kannte und meine Vergehen und Probleme aus erster Hand kannte.
Erlauben Sie mir eine Standardfrage. Wie war Ihre Kindheit?
Eine Standardfrage, aber nicht ganz einfache zu beantworten. Denn je weiter ich mich von meiner Kindheit entferne, desto mehr idealisiere ich sie. Also auf den ersten Blick antworte ich, dass alles sehr schön war. Schon deshalb, weil ich mit meinen Eltern bei meiner Großmutter aufgewachsen bin – und meine Großmutter war „Bahnhofsfrau“, um diesen schönen Ausdruck zu verwenden. Sie arbeitete fast ihr ganzes Leben lang am Bahnhof in Kralupy nad Vltavou. Ich war also ein Kind des Bahnhofs, ich liebte den Bahnhof und liebe ihn bis heute. Meine Großmutter nahm mich mit zur Arbeit, ich hatte eine Bahnhofsmütze, ich bekam eine originale Kontrollzange, und wenn wir mit meiner Großmutter von der Arbeit nach Hause fuhren, ließen mich die Schaffner manchmal die Fahrkarten der Fahrgäste lochen. Das wäre heute wahrscheinlich nicht mehr möglich.
Ich wollte Sie eigentlich fragen, was Sie als Kind werden wollten – aber die Antwort scheint offensichtlich zu sein.
(lacht) Natürlich Lockführer! Aber ich hatte auch gewöhnliche banale Träume, wie Präsident oder Müllmann zu werden.
Was hat Ihnen in Ihrer Kindheit noch Spaß gemacht?
Ich hatte das Glück, dass mein Vater mich zu Büchern geführt hat. Deshalb habe ich von klein auf sehr gerne gelesen. Meine allererste Erinnerung ist, wie ich im Sommer in den Ferien bei meiner Großmutter im Garten liege, eine Menge Stachelbeeren gepflückt habe – die ich geliebt habe und immer noch liebe, ebenso wie Erdbeeren – und dabei den Abenteuerroman Weiße Segel am Horizont von Valentin Kataev lese. Ich weiß nicht, warum mir gerade das einfällt, vielleicht der Ruf der Ferne und die Idylle zugleich.
Hatten Sie auch eine Freundesgruppe?
Ja, es gab auch eine Kindergruppe, wir spielten Indianer, Räuber und Gendarm, erkundeten die Umgebung …
War Ihre Kindheit nur eine Idylle?
Nicht immer. Aber der Mensch hat die gute Eigenschaft, schlechte Dinge zu verdrängen. Aber eine Sache fällt mir ein – als ich ein kleines Kind war, wurde ich von einer Gans gebissen. Und ich erzählte das dann in der 1. Klasse im Unterricht, und sie dachten, es sei eine Provokation gegen den damaligen Präsidenten, Gustáv Husák. („Husák” bedeutet auf Deutsch „Gans”; Anm. d. Red.)
Und es gab es noch eine Sache: Ich wurde fast ein Jahr früher eingeschult. Nicht, dass es ein ausgesprochenes Trauma gewesen wäre, aber ich musste ständig – ob in der Grundschule, in der Mittelschule oder an der Universität – etwas nachholen. Ich war der Jüngste und musste mich vielleicht mehr durchsetzen. Deshalb zog es mich dann wohl vor die Kamera …
Sie erwähnen das Gymnasium. Was haben Sie in Ihrer Freizeit gemacht?
Ich habe eine Schülertheatergruppe gegründet, bei der ich nichts dem Zufall überlassen habe. Ich habe Stücke geschrieben, Regie geführt und die Hauptrollen gespielt. Wir spielten für Kinder, daher bestand das Repertoire entweder aus unseren Versuchen, Märchen zu schreiben, oder wir griffen auf bewährte Autoren wie Stanislav Oubram und sein Gespenst Bublifuk zurück.
Was hat dazu geführt, dass Sie nicht beim Theater geblieben sind, obwohl Sie so gut angefangen haben?
(lacht) Wie Woody Allen sagte: „Wenn du Gott zum Lachen bringen willst, erzähl ihm von deinen Plänen.“ Natürlich habe ich mit dem Gedanken gespielt, auf die DAMU zu gehen und Schauspieler zu werden, aber meine Eltern haben mich sanft in eine andere Richtung gelenkt.
An die Karls-Universität, richtig?
Ja. Ich wollte Jura oder Philosophie studieren. Dann habe ich mich schlussendlich für Philosophie entschieden. Ich dachte, dass sie dort nur wenige Leute aufnehmen, und bin deshalb davon ausgegangen, dass es ziemlich unwahrscheinlich ist, dass sie mich nehmen würden. Ich wurde aber tatsächlich genommen, und es waren wunderschöne fünf Jahre.
Haben Sie auch dort Theater gespielt, oder war damit Schluss?
Es gab einen Versuch, Theater zu spielen, aber er war nicht sehr erfolgreich, weil das böhmische Studentenleben alles andere überlagerte.
Wann oder unter welchen Umständen haben Sie eigentlich gemerkt, dass Sie Moderator werden wollen und nichts anderes?
Ich erinnere mich, dass wir bei meiner Großmutter einen kleinen Schwarzweißfernseher hatten, und ich war dank ihm als kleiner Junge in Štěpánka (Štěpánka Haničincová, Schauspielerin, Drehbuchautorin, Dramaturgin und Fernsehmoderatorin, die ein Idol mehrerer Generationen von Kinderzuschauern war; Anm. d. Red.) verliebt. Das ist lustig, denn jetzt sind wir mit Honza (Schauspieler Jan Přeučil, Ehemann von Štěpánka Haničincová; Anm. d. Red.) befreundet und der Kreis hat sich geschlossen. Ich habe mit ihm auch das Buch Keine Angst haben und sprechen geschrieben. Es geht darum, wie man Lampenfieber und die Angst vor öffentlichen Auftritten überwindet.
Ich war als kleiner Junge auch in Štěpánka verliebt.
Natürlich! Čertík Bertík, Lorinka… Ich habe sie geliebt und mir gesagt, dass es schön wäre, im Fernsehen zu arbeiten. Aber ich wusste nicht, wie ich dorthin kommen sollte, weil ich dachte, dass die Leute in diesem Fernseher wohnen. Ich habe mir den Kopf zerbrochen, wie ich es schaffen könnte, nicht zu wachsen. Irgendwann verstand ich, wie es wirklich funktioniert, und traf Štěpánka auf dem Filmfestival für Kinder und Jugendliche in Kralupy nad Vltavou. Daran erinnere ich mich in meinem Buch mit Honza Přeučil Keine Angst haben und sprechen. Ich bat Štěpánka damals, mich in die Kinderkartei des Fernsehens aufzunehmen. Sie versprach es mir, machte auch ein Foto von mir, aber dann passierte nichts mehr. Was ich ihr nicht vorwerfe.
Jedenfalls war das der Moment, in dem das „Korn gesät“ wurde. Und als ich 1983 an die Fakultät kam, schrieb das Tschechoslowakische Fernsehen gerade ein Auswahlverfahren für die Stelle des Programmsprechers aus. Also dachte ich, ich versuche es mal – wenn nicht, dann schaue ich mir wenigstens an, wie es dort aussieht, und erzähle davon auf Partys. Tatsächlich habe ich dann alle Runden des Verfahrens erfolgreich bestanden und anschließend zusammen mit Stáňa Lekešová und einigen anderen auf dem Kavčí-Hügel angefangen zu senden.
Aber das war mir nicht genug: Ich fing noch während des Studiums an, in der Redaktion für Journalismus und Dokumentarfilme bei Božena Jirků an der Sendung Vysílá studio Jezerka zu arbeiten, wo ich verschiedene Reportagen und Interviews drehte. Und als ob das noch nicht genug wäre, fingen mein Kollege Martin Králíček und ich ab 1989 an, im Werbebereich zu arbeiten. Wir arbeiteten mit der Beilagenzeitung Annonce zusammen, die damals sehr angesagt war. Es wurde immer mehr arbeit, so dass ich 1992 ČT verließ und mich dem Unternehmertum widmete. Ich wurde sogar Direktor eines großen Verlags und einer Buchhandlung, in der sich damals auch das erste Internetcafé in Prag befand. Dann war ich kurze Zeit kaufmännischer Leiter einer PR-Agentur.
Aber wie der Klassiker Vladimír Železný sagt, Fernsehen ist eine Droge. Ich stieß auf eine Anzeige, dass Nova einen Nachrichtenmoderator suchte, und dachte mir, dass ich das mal versuchen könnte. Über Nova wurde damals überall gesprochen, ich war neugierig, und wollte es mir ansehen. Und wieder durchlief ich ein langes Aufnahmeverfahren, wahrscheinlich das größte in meinem Leben – und wieder nahmen sie mich. Zuerst machte ich die Nachmittagsnachrichten, abwechselnd mit Denisa Kapitánčiková und Dana Makrlíková. Und 1999 begann ich mit Nicol Lenertová die Hauptnachrichtensendung zu moderieren.
Worin war es für Sie anders als im Tschechischen Fernsehen?
In absolut allem. Ich kam zu den Nachrichten und mein Traum wurde wahr. Dieses Jahr sind es fünfundzwanzig Jahre, in denen ich am Nachrichtenpult moderiere, und Live-Übertragungen packen mich immer noch. Es ist ein wirklicher Adrenalinschub und ein Gefühl der Verantwortung, es nicht für mich selbst oder die Menschen um mich herum zu vermasseln.
Warum haben Sie bei Nova aufgehört?
Weil in den Medien der Vorwurf auftauchte, ich sei in den achtziger Jahren ein Vertrauter der StB gewesen. Was nicht stimmte, und das Gericht hat mich anschließend vollständig entlastet.
Wie haben Sie das erlebt?
Emotional war es unglaublich schwierig. Ich erwähne es in dem Buch Glück kann man lernen. Ich schreibe dort darüber, wie ich mit Ängsten und Befürchtungen umgegangen bin, die jedem Menschen innewohnen, die jedoch manche zerstören, während andere besser mit ihnen klarkommen. In einer schwierigen Zeit kam das Angebot von Prima. Dieses Jahr sind es schon zehn Jahre, dass Klára Doležalová und ich die Nachrichten auf Prima und jetzt auch auf CNN Prima News moderieren.
Was ist das Schwierigste an der Arbeit eines Moderators?
Das ist eine gute Frage – und ich glaube, niemand hat sie mir bisher gestellt. Das Erste, was mir einfällt (und ich vertraue immer auf das, was mir zuerst einfällt, meistens ist es das Richtige), ist, nicht der eigenen Wichtigkeit zu erliegen. Denn Sie sind der Moderator und es spielt keine Rolle, ob Sie Nachrichten moderieren oder etwas live machen: Als Moderator ist man selbst nicht der Mittelpunkt der Handlung, zumindest sollte es so rüberkommen. Wie das Wort schon sagt, sollte ein Moderator die Handlung irgendwie vorantreiben und zusammenhalten, sie lenken. Leider erliegen einige Moderatoren deutlich dem Gefühl der eigenen Wichtigkeit. Das ist etwas, was ich nicht mag. Vor allem nicht, wie manche vor dem Zuschauer angeben!
Deshalb mag ich zum Beispiel, wie es Karel Šíp Všechnopárty macht. Das ist ein Moderationsstil, bei dem der Moderator scheinbar im Hintergrund und bescheiden ist. Er spielt ein bisschen im positiven Sinne den Narren und holt so das Allerbeste aus den Gästen heraus. Er signalisiert: Ich bin zwar Karel Šíp und ein Star; aber jetzt bist du der Star, auch wenn du vielleicht nicht so bekannt bist und nicht so viel Erfahrung hast wie ich. Und dadurch, dass er nicht seiner eigenen Wichtigkeit erliegt, kann er auch über sich selbst lachen.
Voraussetzung für das, was Sie beschreiben, ist wohl etwas, das ich bewussten oder weisen Umgang mit sich selbst nennen würde. Was den Stolz betrifft, welches Heilmittel haben Sie dagegen? Sie haben wahrscheinlich täglich viele Gelegenheiten, eitel zu werden, allein schon wegen der Leute, die Sie hier im Café begeistert ansehen …
Ein Mensch kann in jeder Position und in jedem Alter eitel werden. Aber es ist schrecklich wichtig, mit wem man sich im Leben umgibt. Wenn man jemanden hat, der zu einem sagen kann: „Hey, mach keinen Blödsinn!“, und diese Peron es gut mit einem meint, das ist sehr wichtig.
Ich habe zum Glück solche Leute um mich herum. Da ist meine Schwester Jana, die Schütze ist, genau wie mein Partner Vláďa. Schützen sind unglaublich direkt, sie sagen einem alles geradeheraus. Ich musste mich jedes Mal damit auseinandersetzen, aber ich wusste, dass keiner meiner beiden Schützen es böse meinte. Es ist also wichtig, diese vermittelte Selbstreflexion um sich herum zu haben. Denn man erliegt sehr leicht der Vorstellung, dass man der Beste ist, dass man der König ist und dass einem niemand etwas zu sagen hat.
Was war der Moment, der Sie zur Selbstreflexion und überhaupt zum Interesse an den tieferen Ebenen des Lebens geführt hat?
Der erste Moment ereignete sich um meinen dreißigsten Geburtstag herum, als mein Gewicht über hundert Kilo stieg. Meine Schwester Jana sagte mir damals: „Du bist fett! Du musst etwas dagegen tun!“ Sie machte damals Aerobic, also fing ich an, mit ihr und meinem Schwager ins Fitnessstudio zu gehen und an mir zu arbeiten.
Ich weiß, dass ich mich wiederhole, aber es ist wirklich sehr wichtig, mit welchen Menschen man sich umgibt und wie man ihnen zuhören kann. Viele können nur „reden, reden, reden“, aber nur wenige können „zuhören, zuhören, zuhören“. Ich versuche, mich keinem Standpunkt zu verschließen. Gerade in der heutigen Zeit halte ich das für notwendig, aber viele Menschen können das nicht und sehen nur eine Meinung als richtig an, sie denken nicht in Zusammenhängen darüber nach.
Meine geliebten Tolteken sagen: „Hören Sie zu, aber seien Sie skeptisch.“ Ich wünschte mir übrigens, dass alle Nachrichtensender auf der ganzen Welt ihre Sendungen mit diesem Satz beginnen würden. (lacht) Ich höre gerne zu, höre mir gerne die Meinung anderer an und mache gerne bei neuen Sachen mit, wenn es für mich Sinn macht. Beispielsweise wollte eine Freundin Reiki ausprobieren, also habe ich mit ihr mitgemacht und wir haben die ersten beiden Stufen der Ausbildung gemacht. Es gelingt nicht jeder Weg, aber es ist wichtig, immer wieder etwas auszuprobieren …
Lassen Sie uns noch einmal kurz auf das Moderieren zurückkommen. Wie sieht Ihre Vorbereitung aus? Wie läuft alles ab?
Zunächst einmal muss „das Leben selbst“ die Nachrichten schreiben. Etwas muss passieren. Und dann wird es in den Nachrichten von einem riesigen Team talentierter Menschen bearbeitet. Wir Moderatoren kommen erst am Nachmittag ins Spiel, wir machen uns dann sowohl textlich als auch visuell mit den gedrehten Reportagen vertraut.
Ich würde sagen, die Hauptaufgabe eines Nachrichtenmoderators besteht darin, dass er nicht nur die Worte liest, die ihm jemand geschrieben hat, sondern dass er die Texte selbst vorbereitet – zumindest Klára und ich legen Wert darauf. Denn jeder Mensch verwendet andere Wörter, hat eine andere Wortfolge und überhaupt einen eigenen verbalen Stil, manches würde er sagen, anderes nicht… Daher ist es wichtig für das Verständnis der jeweiligen Nachricht, dass wir die Texte selbst schreiben, immer nach Rücksprache mit den Redakteuren und Herausgebern der Sendung.
Wenn ich Ihnen so zuhöre, würde ich sagen, dass die Vorstellung vieler Menschen, dass Moderatoren nur eine Art „Leser“ sind, völlig falsch ist.
Nun, das ist von Fall zu Fall unterschiedlich. (lacht) Ich sehe die anderen Kollegen nicht bei ihren Vorbereitungen in verschiedenen Fernsehsendern und Medien, aber ich zumindest schreibe meine Texte selbst, basierend auf der Vorlage des Autors der Reportage. Wenn ich verschiedene Vorträge, Seminare und individuelle Beratungen zum Thema Überzeugungskraft halte, betone ich immer wieder: „Bereiten Sie das, was Sie sagen, selbst vor. Denn wenn Sie nur etwas lesen, das jemand anderes geschrieben hat, dann sind das nicht Sie.“ Indem man es selbst vorbereitet, wird die eigene Rede überzeugend.
Können Sie sich erinnern, wann Sie das letzte Mal Lampenfieber hatten?
Ich habe bis heute Lampenfieber. Aber es ist nicht das Lampenfieber, das einen lähmt, einen Kloß im Hals macht, wo man rot vor Augen sieht und sich an nichts erinnern kann – solches Lampenfieber hatte ich schon lange nicht mehr. Ich spreche eher von Lampenfieber als einem Gefühl der Verantwortung: dass man es nicht nur sich selbst vermasselt, sondern auch dem Team von Leuten, die die Nachrichten oder eine Veranstaltung vorbereiten. Und es ist seltsam, dass jedes Mal, wenn ich mir sage: „Das wird ein Kinderspiel, das schaffst du.“, etwas passiert. Die rote Kontrollleuchte sollte immer blinken …
Haben Sie schon einmal ein großes Fauxpas live erlebt?
Ich habe bereits meinen ehemaligen Direktor bei Nova, Vladimír Železný, erwähnt. Als wir als aufstrebende Sternchen in den Nachrichten anfingen, sagte er immer: „Freunde, Nachrichten kann auch ein trainierter Affe moderieren.“ Und wir haben uns aufgeregt: „Direktor, dann sollen doch diese trainierten Affen moderieren. Warum sind wir dann da?“ Aber er ließ nicht locker: „Ein guter Moderator erkennt man daran, wie er reagiert, wenn etwas passiert. Man kann nicht in der Live-Übertragung nur steif dasitzen, die Augen verdrehen und sich darauf verlassen, dass einem jemand hilft. Niemand wird Ihnen helfen. Ein guter Moderator muss in der Lage sein, eine Entscheidung zu treffen.“ Wir darauf: „Und was ist, wenn wir eine falsche Entscheidung treffen?“ Aber Vladimír Železný beruhigte uns wieder: „Es gibt keine falsche Entscheidung. Die einzige falsche Entscheidung ist, keine Entscheidung zu treffen.“
Und in der Live-Übertragung kann so etwas immer passieren. Sie sehen, dass etwas anderes gesendet wird, als gesendet werden sollte, also müssen Sie in der Lage sein, sich zu entschuldigen und etwas zu sagen. Oder es ist mir passiert – aber das nur in Ausnahmefällen –, dass Ihnen in das Ohr, in dem Sie den Kopfhörer haben, die Sekunden heruntergezählt werden und plötzlich sagt der Regisseur: „Es gibt ein Problem, die Reportage ist nicht da, wir schicken etwas anderes, erinnern Sie sich an den Text des Studios oder sagen Sie einfach etwas!“
Das muss sehr nervenaufreibend sein …
Das stimmt. Fünf Sekunden, vier, drei, zwei – und jetzt blinkt es und Sie sind da und müssen etwas sagen. Aber wie ich in meinen Büchern über das Sprechen vor Menschen schreibe: Das Wichtigste ist, sich nicht lang darin zu verstricken. Mein Lieblingsgrafiker Vladimír Komárek sagte immer: „Nur ein kurzer Besuch erfreut.“ Er hatte es sogar an die Tür seines Hauses in Semily geschrieben. Und ich sage: „Nur eine kurze Rede erfreut.“ Sich nicht verstricken, kurz und klar sprechen – quasi ein ehrliches Spiel mit dem Zuschauer spielen.
Und kommt auch manchmal vor, dass Sie ein Gast beispielsweise durch seine Dummheit aus der Fassung bringt?
(lachen) Meinen Sie nach dem Motto, es gibt keine dummen Fragen, es gibt nur dumme Antworten? Es gibt Gäste, die, wenn wir sie aus dem Studio interviewen, aggressiv werden, besonders wenn sie etwas nicht wissen. Aber Sie als Moderator dürfen nicht auf ihr Niveau sinken. Ich glaube, es war Werich, der sagte: „Wenn man sich länger als eine halbe Minute mit einem Idioten streitet, streiten sich schon zwei Idioten.“ Und genau das ist es. Denn Sie sind der Moderator, Sie leiten, Sie stellen die Fragen, die Sie vorbereiten, Sie stellen zusätzliche Fragen je nach Situation – aber Ihr Gesicht sollte nichts kommentieren. Ein aufmerksamer Zuschauer kann sonst leicht darin lesen, was Sie über den Gast oder die Nachricht denken. Und das ist meiner Meinung nach falsch. Die Nachrichten sollen Informationen vermitteln, und Sie, der Zuschauer, sollen sich damit auseinandersetzen, darüber nachdenken.
Was ist das Wichtigste beim Moderieren?
Die erste Voraussetzung für eine gute Arbeit als Moderator ist, dass man ihn versteht. Sie beeinflussen das Niveau und den Stil der tschechischen Sprache, weil Ihnen eine große Anzahl von Menschen zuhört. Heutzutage wird darauf zwar nicht mehr viel Wert gelegt, aber ich frage mich, warum man es eigentlich nicht tun sollte. Deshalb verwende ich gelegentlich gerne ungewöhnliche Wörter.
Und noch etwas. Ich mag internationale Fernsehsender, wo man sieht, wie lebendig die Moderatoren sind. Sie sitzen nicht steif da, achten nicht darauf, perfekt im Bild zu sein, sondern lehnen sich in alle Richtungen, gestikulieren, sind aktiv. Das wird bei uns nicht so sehr gepflegt. Bis heute kritisieren mich einige dafür und sagen, dass es nicht in die Nachrichten gehört. Meine gute Freundin Kamila Moučková rief mich immer nach der Sendung an: „Bitte, es war gut, Vořech, aber die Hände! Du musst die Hände immer auf dem Tisch haben.“ Heute ist das nicht mehr so. Aber sie hatte Recht, dass es für den Zuschauer störend sein kann, wenn man zum Beispiel in einer engen Einstellung ist und die Hand nach oben fliegt.
Welche Medien verfolgen Sie? Wenn Sie noch Zeit und Lust dazu haben …
Zeit wäre da, Lust weiß ich nicht… (lacht) Heutzutage wird man von einer Lawine von Nachrichten von überall her überrollt, einschließlich des Internets. Die Zeiten, in denen ich ausschließlich die drei wichtigsten Nachrichtensendungen verfolgt habe – Česká televize, Prima und Nova, das sogenannte Dreirad –, sind längst vorbei. Es gibt heute viele Informationen und man kann der Medienwelt nicht entkommen. Aber ich bin nicht der Typ, der damit prahlt, dass er keinen Fernseher zu Hause hat. Es ist schließlich mein Beruf und ich bin überzeugt, dass die Aufbereitung von Informationen in Fernsehnachrichten für viele Menschen immer noch Gewicht hat.
Wir bei Prima versuchen, vielen verschiedenen Meinungen Raum zu geben, damit die Nachrichten nicht schwarz-weiß sind. Denn im Leben ist nichts schwarz-weiß. Und der Witz ist, dass es der Zuschauer ist, der sich eine Meinung bilden soll. Hier hast du, Zuschauer, eine bunte Palette von Informationen und Meinungen – such dir etwas nach deiner eigenen Erfahrung aus.
Sie sind Autor mehrerer Bücher, darunter der bereits erwähnte Titel mit dem provokanten Titel Glück kann man lernen. Ich nehme Sie also beim Wort und frage: Wie kann man Glück lernen?
Ich sehe, dass ich das Buch gut betitelt habe, wenn der Titel provoziert. (lacht) Glück zu lernen ist natürlich eine gewisse Übertreibung, aber es funktioniert nicht so – und ich sehe es an mir selbst, weil ich verschiedene Motivations- und spirituelle Literatur mag –, dass man etwas liest, sich eine Formel oder Regel „einprägt“ und denkt, dass es automatisch funktioniert. Aber es hilft Ihnen, weil Sie dann wissen, worüber Sie nachdenken müssen, was Sie an sich selbst ausprobieren müssen, um zu sehen, ob es Ihr Weg ist. Es gibt keine universellen Wahrheiten. Jeder von uns sollte ein Original sein, keine bloße Kopie. Ich beginne das Buch Glück kann man lernen mit einem Zitat von Leo Tolstoi: „Man muss an die Existenz des Glücks glauben, um glücklich zu sein.“ Wenn man nicht daran glaubt, dass Glück existiert, wird man es nie erreichen.
Und dann gibt es noch eine andere wichtige Sache, nämlich worin man das Glück sucht. Und daran knüpft mein nächstes Buch Lebe jetzt an. Darin schreibe ich über etwas, was man die Kraft des gegenwärtigen Augenblicks nennt. Und es ist schwer, ich lerne es, ich kann es nicht, ich trainiere es. „Hier und jetzt“ ist ein Trainingsplan für das ganze Leben. Aber es lohnt sich.
Ich nehme an, dass der Ort, über den wir sprechen, etwas damit zu tun hat, wo Sie Ihrem Partner Vladimír Řepka im Jahr 2015 einen Heiratsantrag gemacht haben: Es war nicht London, Paris oder Hollywood, sondern Tibet.
Ich hatte damals so eine Phase, in der ich dachte, wir sind schon lange zusammen – übrigens sind Vláďa und ich dieses Jahr schon zwanzig Jahre zusammen – wir sollten die Beziehung auf die nächste Stufe heben. Wir planten eine Reise nach Tibet und ich fing an zu denken: Es wäre schön, wenn wir in einem Hotel unterhalb des Potala wohnen würden und ich Vláďa dort einen Heiratsantrag machen würde. Also ließ ich in Prag spezielle Ringe anfertigen und hatte sie während unserer gesamten Reise versteckt, damit er es nicht herausfand. Wir reisten durch China, dann mit dem Zug über die tibetische Hochebene nach Lhasa, und ich hielt die Ringe die ganze Zeit in einer kleinen Tasche über meiner Schulter. Und in Lhasa schlug ich vor: “Wie wäre es, wenn wir uns einen schönen Abend machen würden?” Und nach dem Abendessen, in einem Zimmer mit wunderschönem Blick auf den Potala, habe ich ihn um seine Hand gebeten.
Ein Journalist machte dann aus unserer Verlobung eine Story, dass wir in Lhasa geheiratet hätten und der 14. Dalai Lama uns gesegnet hätte. Niemand fand es seltsam, dass die Chinesen eine solche Hochzeit erlaubt und sogar den Dalai Lama dazu eingeladen hätten. (lacht) Und sehen Sie, das ist genau der Fall von Informationen, die Menschen, wenn sie kein kritisches Denken haben, lesen und glauben – nur weil niemand ihnen sagt, dass es Unsinn ist und so etwas gar nicht passieren könnte.
Wann und wie haben Sie Ihre sexuelle Orientierung „geoutet”?
Ich muss sagen, dass es mir eine enorme Erleichterung war, als ich meine Orientierung nicht mehr vor anderen verstecken musste. Ich hatte eigentlich kein großes Coming-out. Was meine Familie betrifft, hatte ich das Glück, dass mein Vater, meine Mutter, meine Schwester, meine Großmutter und andere es normal fanden. Zu der Zeit, als ich siebzehn oder achtzehn war, war das noch nicht so üblich. Aber sie haben es akzeptiert, so nach dem Motto “es ist die Realität und jeder ist anders“.
Ich bekam eine Lektion vom Leben, als ich bei Nova war. Sie versuchten, jedem der Fernsehgesichter ein bestimmtes Image zu verpassen. Und weil meine sexuelle Orientierung wohl nicht so gut in ihre PR-Strategie passte, schufen sie mir das Image eines unbeschwerten Junggesellen. Es gab sogar einen Artikel in der Boulevardpresse mit der Schlagzeile “Wir verheiraten Voříšek!” – als ob sie mir eine Braut suchen würden. Ich werfe mir bis heute vor, dass ich mich nicht gewehrt habe. Und als dann über meine wahre Orientierung geschrieben wurde, war ich wirklich erleichtert. Man sollte man selbst sein und nicht jemand, der man nicht ist, wie Jan Werich sagte. Wenn man anfängt, sich selbst zu belügen, kann man sich selbst nicht mehr respektieren. Einige Journalisten fragten mich dann: “Warum hast du so lange darüber geschwiegen?” Und ich antwortete: “Sie haben mich nicht danach gefragt, warum sollte ich mich damit in den Vordergrund drängen.“
Wissen Sie, ich mag es nicht, wenn sich jemand auf diese Weise in den Vordergrund spielt. Denn Beziehungen und Sexualität gehören zur Privatsphäre eines jeden Menschen.
Unterstützen Sie in irgendeiner Weise die LGBT+-Bewegung?
Jetzt werde ich mit Zuzana Bubílková bei einer Veranstaltung den “Lauf mit Absätzen” starten. Ich werde hingehen und die Aktion unterstützen. Genauso wie ich es tue, wenn ich zu einer LGBT+-Diskussionsrunde eingeladen werde. Das Gleiche gilt zum Beispiel für die Prague Pride, ich kenne Leute, die sie verurteilen. Warum? Was ist so schlecht daran, dass die Straßen von Prag fröhlich sind?
Der Titel Ihres nächsten Buches lautet Reise zum Ayurveda.
Ja, das ist das bereits erwähnte Lebe jetzt.
Wie ist Ayurveda in Ihr Leben getreten?
Unmerklich, wie alles. Wie ich schon sagte, ich höre gerne zu. Vláďa und ich haben eine slowakische Freundin, Zuzana Zwiebel, die lange Zeit in Sri Lanka gelebt hat. Sie interessiert sich für alles, von Schamanismus über Numerologie bis hin zur indischen Geschichte. Zuzana nahm uns mit nach Sri Lanka, das wir mehrmals mit ihr bereist haben und es war wirklich wunderschön.
Und eines Tages schrieb sie uns: „Jungs, ich bin in Indien, kommt zu mir!” Vláďa und ich dachten uns zwar, Indien, das hat keinen guten Ruf, aber wir geben dem eine Chance. Wir reisten zu ihr nach Südindien, wo sie arbeitet, und haben es nicht bereut. Wir waren schon zweimal dort auf Ayurveda-Aufenthalten, die Zuzana für uns organisiert hat, und es war sehr schön. Und genau diese Erfahrung hat mich dazu inspiriert, das Buch Lebe jetzt: Reise zum Ayurveda zu schreiben, in dem wir viele praktische Ratschläge, Tricks und Tipps für das Leben gesammelt haben.
Sie sind auch, wie ich erfahren habe, ein Fan von Nahrungsergänzungsmitteln der Firma Superionherbs. Wie ist das entstanden?
Wie ich schon sagte, bin ich offen für verschiedene Meinungen und höre zu. Auch im Internet. Und weil ich mich für Heilpilze interessiere, habe ich einmal nach meinem Lieblingspilz Reishi gesucht – und da sprang mir die Firma Superionherbs ins Auge. Und so habe ich vor sieben Jahren meine erste Bestellung bei ihnen aufgegeben… Neben Reishi habe ich dort noch eine weitere tolle Heilpflanze gefunden, die uns im Ayurveda in Südindien in Kerala verschrieben wurde, Ashwagandha bzw. indischer Ginseng.
Nicht nur im Fernsehen, sondern auch bei persönlichen Begegnungen wirken Sie wie ein glücklicher Mensch, der Optimismus ausstrahlt.
Dafür sind Reishi und Ashwagandha verantwortlich. (lachen)
Umso mehr interessiert es mich, wie Sie mit negativen Emotionen wie Traurigkeit, Angst oder Wut umgehen.
Ich mag keine Leute, die ständig behaupten, positiv, glücklich zu sein und sich keine Sorgen zu machen. Da denke ich mir immer: Sag mir, welche Pillen dir der Arzt verschrieben hat, und ich werde sie auch nehmen. Denn so funktioniert das nicht. Ich sehe das an mir selbst. Ich bin wohl ein Mensch, der äußerlich so wirkt, wie Sie sagen, aber natürlich habe ich wie jeder andere verschiedene Ängste, Sorgen und Befürchtungen, die sich mit dem Alter noch verstärken, weil man sich in einem bestimmten Alter seiner Endlichkeit bewusst wird.
Das Wichtige ist, worüber wir bereits gesprochen haben: Dass es Sie nicht lähmt, nicht zerstört, was in Ihrem Kopf “herumschwirrt”.
Sie sprechen von dem, was man den inneren Beobachter nennt, der nichts verurteilt, aber sich bewusst ist?
Ja, genau davon spreche ich. Sich bewusst sein. Aber manchmal ist es wirklich schwierig und es geht nicht. Es gibt “schlechte Tage”, es gibt Tage der Traurigkeit. Manchmal sehe ich, dass es mein Fehler ist, meine Unvollkommenheit. Manchmal sind wir zu streng mit uns selbst, beklagen uns über die Welt und vergleichen uns mit anderen, dass sie glücklich sind und wir nicht. Aber wir vergessen, dass jeder von uns im Leben etwas mit sich herumschleppt.
Als wir anfingen, die Fernsehnachrichten mit Nicol Lenertová zu moderieren, haben wir immer gelacht, weil die Zuschauer uns alle möglichen Probleme geschrieben haben, bei denen sie Hilfe brauchten oder die sie lösen wollten. Finanzielle Kredite, das war noch das Geringste… Nicol sagte immer, dass sie sich von uns sogar den Blinddarm entfernen lassen würden, so wie sie früher vom Schauspieler Ladislav Chudík ihr Knie operieren lassen wollten.
Aber um auf die Antwort auf Ihre Frage zurückzukommen, ich kann negative Emotionen oft nicht aus mir herausbekommen. Ich kann sie nicht herausschreien. Ich sage mir, dass jeder seine Probleme hat, also warum sollte ich andere mit meinen belästigen. Ich zerstöre mich selbst von innen.
Der liebe Buddha sagte: “Wir sind das, was wir denken.” Und wenn mich solche schwierigen Zustände überkommen, erinnere ich mich an Buddha. Wenn du denkst, dass du so und so bist, dass dir nichts gelingt, dass du zu nichts taugst, dann wird es Realität. Wie Helena Růžičková zu immer sagte: “Dicksein muss man tragen können!” Wenn du denkst, dass du dick und damit auch hässlich bist, dann wirst du so werden.
Würden Sie behaupten, dass Sie gläubig sind?
Ich antworte Ihnen mit den Worten von Jára Cimrman: “Ich bin ein so bedingungsloser Atheist, dass ich befürchte, Gott wird mich bestrafen.” (lacht) Ich bin nicht gläubig in dem Sinne, dass ich getauft bin, dass ich strikt einen Glauben praktiziere, aber ich habe beispielsweise mein persönliches Gebet, das ich sehr oft benutze. Vláďa und ich haben unseren Lieblingsheiligen – den Heiligen Judas Thaddäus. Aber ansonsten weiß ich es nicht. Ich würde sagen, dass ich noch nicht so weit bin, dass ich mich als gläubig bezeichnen könnte. Ich bin Waage, also ein Luftzeichen, und ich mag keine großen Einschränkungen und Fesseln. Vielleicht auch deshalb…
Aber wie Cimrmans Aussage andeutet, sagt jeder, dass er Atheist ist, aber dann in den letzten Augenblicken oder wenn etwas Schlimmes passiert, gibt er nach. Wie Jiří Suchý in dem Lied Wenn es mir am schlimmsten geht singt: “Ich hebe meine Augen zum Himmel, dorthin, wo ich die mit Nägeln durchbohrten Hände erahne.“
Haben Sie Angst vor dem Tod?
Ich denke, jeder hat Angst vor dem Tod. Weil man in etwas geht, von dem man nichts weiß. Wenn man jung ist, denkt man nicht über diese Dinge nach. Aber wenn man ein bestimmtes Alter erreicht und vor allem sieht, wie die Menschen um einen herum sterben, kann man die Augen nicht mehr vor dem Tod verschließen. Meine geliebten Tolteken sagen, dass man sein ganzes Leben mit dem Gefühl leben sollte, dass der Tod auf der linken Schulter sitzt. Gleichzeitig ist es wahr, dass im Allgemeinen nicht viel über den Tod gesprochen wird, dass er verdrängt wird – in Familien und in der Gesellschaft. Oft wird nicht einmal mehr beerdigt… Und doch ist die Kraft dieses letzten Abschieds wichtig, weil sie Trauer ermöglicht.
In einem Interview für Superionherbs wurde Ihr Kollege und Freund Jan Přeučil gefragt, was er einem jungen Menschen auf die Frage antworten würde, was im Leben am wichtigsten sei. Was würden Sie ihm antworten?
Sich selbst nicht zu verlieren. Sich selbst zu schätzen und sich selbst zu lieben.
Haben Sie ein Lieblingszitat?
Mein Buch Lebe jetzt basiert, wie ich bereits erwähnt habe, auf einer Reise zum Ayurveda. In Indien haben wir nach dem Rezept für das Leben gesucht und immer wieder gefragt, was ihr garantiert richtiges Rezept sei. Überall sagte man uns: “Was spinnt ihr? Lebt einfach.” Bis wir auf einen achtzigjährigen Mönch stießen. Und er sagte uns: “Es ist ganz einfach. Mein ganzes Leben lang lebe ich nach einem einzigen Satz.“ Wir haben gewartet, was er uns erzählen wird und plötzlich lächelt er und meint: „Past is bullshit, future is motherfucker, live now“, was man so gut wie als; „Vergangenheit ist Blödsinn, Zukunft ein Wichser, lebe jetzt“ ins Deutsche übersetzen kann.
Und das ist es. Jeder von uns hat seine eigenen Probleme, aber jetzt sind wir hier zusammen, unterhalten uns, ich wage sogar zu sagen, dass wir uns verstehen. Dieser Moment ist unbezahlbar und ich danke Ihnen dafür.
Ich danke Ihnen auch.