Wenn man den Begriff Yoga hört, denken viele Menschen direkt an biegsame
Körper, die sich auf unvorstellbare Weise winden und beugen. In den Vereinigten
Staaten hat sich Yoga beispielsweise zu einem intensiven körperlichen Training
entwickelt, das darauf abzielt, Kalorien zu verbrennen und die Flexibilität zu erhöhen.
Diese Vorstellung von Yoga ist jedoch nur ein Blick auf die vielen Traditionen und
Praktiken, die den gesamten Menschen stärken – Körper, Geist und Seele.
Was versteht man unter Yoga Nidra?
Die Praxis der Yoga Nidra hat ihre Wurzeln in Indien, wo sie entwickelt und verbreitet
wurde, insbesondere von der Bihar-Schule. Yoga Nidra wurde auf allen Kontinenten
untersucht und ihre Praxis ist durch wissenschaftliche Erkenntnisse gestützt.
Wie sieht also eine Yoga Nidra-Übung aus? Auf den ersten Blick mag es scheinen,
dass es sich dabei nur um Liegen auf dem Boden handelt, eingewickelt in sehr
bequeme Kleidung und Decken. Aber in der Ruhe liegt die Kraft. Und die moderne
Wissenschaft kommt jetzt zu dem, was Yogis schon seit langem wissen: Yoga Nidra
verbessert die Gesundheit auf viele überraschende Weisen.
Viele Menschen, die Yoga Nidra ausüben, berichten, dass sie sich bereits nach 30
bis 120 Minuten Übung vollkommen ausgeruht fühlen. Das ist eine viel kürzere Zeit
als die acht Stunden Schlaf, die normalerweise für diese Art der Regeneration
benötigt werden. Außerdem ist da noch der 65%ige Anstieg des Dopamins. Mehr
dazu erfahren Sie weiter unten. Im Anschluss an den Artikel finden Sie auch eine
Beispiellektion für Yoga Nidra unter Anleitung eines Führers.
Da Yoga Nidra im Deutschen „yogischer Schlaf“ bedeutet, denken manche Leute,
dass es sich um eine Yogaübung handelt, die beim Einschlafen durchgeführt wird. In
Wirklichkeit ist es besser, Yoga Nidra in der Früh zu auszuüben, da Sie nicht
möchten, dass Ihr Gehirn die Übung mit dem vollständigen Einschlafen verbindet.
Dennoch kann die Praxis der Yoga Nidra-Meditation helfen, Ihren gesamten
Schlafrhythmus zu verbessern.

Diese Position ist für die Praxis der Yoga Nidra einfach und angenehm.
10 Vorteile von Yoga Nidra
Sie ist für jeden zugänglich
Der vielleicht wichtigste Vorteil von Yoga Nidra ist, dass sie eine Praxis ist, die jedem
von uns zugänglich ist. Es handelt sich hierbei um keine verrückten Drehungen oder
Kopfstände! Laut der Organisation Yoga International ist es auch eine der
einfachsten Yogapraktiken, die man entwickeln und aufrechterhalten kann. Da sie
ausschließlich in Savasana geübt wird, also im Liegen, gibt es keine „falsche“ Art und
Weise, sie auszuführen.
Yoga Nidra reduziert Stress und Angst
Es wurde nachgewiesen, dass Yoga Nidra Stress und Angst effektiv
reduziert. Eine Studie aus dem Jahr 2018, die im International Journal of Yoga
veröffentlicht wurde, fand heraus, dass Yoga Nidra bei der Reduzierung sowohl der
kognitiven als auch der physiologischen Symptome von Angst wirksamer ist als
Meditation. In den Vereinigten Staaten ist die Zahl der Krankenhausaufenthalte
aufgrund von Stress sowohl bei Männern als auch bei Frauen dramatisch
angestiegen. Chronisch erhöhte Stresshormonspiegel wie Cortisol und Adrenalin
führen zu einem vermehrten Auftreten von unangemessenen Immunreaktionen,
Herzerkrankungen, Müdigkeit, Schlaganfall, Schlafstörungen und chronischen
Schmerzen. Es ist wichtig, dass wir uns jetzt Zeit für unsere Gesundheit nehmen, um
uns später nicht Zeit für unsere Probleme nehmen zu müssen.
Eine andere Studie befasste sich mit der Variabilität der Herzfrequenz, die ein
Zeichen für die Gleichgewichtslage des autonomen Nervensystems ist und fand
heraus, dass Yoga Nidra (allein oder vor dem Üben von Asanas) die
Herzfrequenzvariabilität verbesserte. Das Praktizieren von Yoga Nidra verlagerte die
Gleichgewichtslage des autonomen Nervensystems in Richtung des
parasympathischen Nervensystems. Genau dieses parasympathische
Nervensystem steuert unsere Entspannungsreaktion, die allgemein als „Ruhe- und
Verdauungsreaktion“ bezeichnet wird.
Yoga Nidra verlangsamt die Gehirnwellen und fördert
so Regeneration und Heilung
Yoga Nidra versetzt die Person in den tiefsten Zustand des Schlafes, in dem das
Gehirn Theta- (4-7 Hertz) und Delta-Wellen (1-3 Hertz) produziert. Die Person bleibt
während der gesamten Zeit bei Bewusstsein. Der Theta-Zustand ist ein Zustand sehr
tiefer Entspannung; er wird in der Hypnose und während des REM-Schlafs
verwendet. Die Gehirnwellen werden auf eine Frequenz von 4-7 Zyklen pro Sekunde
verlangsamt. Theta-Wellen sind immer kreativ, zeichnen sich durch
Inspirationsgefühle aus und sind sehr spirituell. Es wird angenommen, dass dieser
mentale Zustand es ermöglicht, unterhalb der Ebene des bewussten Verstandes
zu handeln.
Im Gegensatz dazu sind Delta-Wellen die langsamsten Wellen mit einer Frequenz
von 1-4 Zyklen pro Sekunde und treten während des tiefen traumlosen Schlafs auf.
Wenn sich unsere Gehirnwellen auf das Delta-Niveau verlangsamen, ist dies der
Moment, in dem unser Körper die Möglichkeit hat, sich auszuruhen, zu regenerieren
und zu heilen.

Gehirnwellen sind Teil des elektromagnetischen Feldes, das durch die elektrische
Aktivität der Neuronen im Gehirn entsteht.
Yoga Nidra kann bei der Heilung von Traumata
helfen
Yoga Nidra kann in der Trauma-Therapie eingesetzt werden. Laut einem Artikel im
Boston Globe führte das Verteidigungsministerium im Jahr 2006 im Walter Reed
Army Medical Center eine Studie über die Wirksamkeit von Yoga Nidra bei Soldaten
durch, die mit posttraumatischer Belastungsstörung aus dem Irak und Afghanistan
zurückgekehrt waren. Dies führte dazu, dass Yoga Nidra in den wöchentlichen
Behandlungsprogrammen für Soldaten in mehreren VA-Einrichtungen im ganzen
Land eingeführt wurde.
Der schrittweise Prozess der Yoga Nidra ist darauf ausgelegt, den Körper zu
entspannen und das Unterbewusstsein und Bewusstsein zu erwecken, was im
Umkehrschluss zur inneren Heilung von sowohl physischer als auch emotionaler
Anspannung führt. Es ist eigentlich ein Gegenmittel zu einem modernen
Lebensstil.
Wir sind so gestresst, dass wir ständig im „Kampf bzw. Flucht-Modus“ leben und
daher die Fähigkeit verloren haben, uns aus diesem Modus herauszuschalten. Wenn
das Nervensystem in diesem Modus feststeckt, führt dies zu verschiedenen
Gesundheitsproblemen, darunter Verdauungsproblemen, Muskelverspannungen,
Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Asthma.

In der Vergangenheit wurde die PTBS als „Granatenschock“ bezeichnet, der bei
Soldaten als Folge von Kampfhandlungen oder Beschuss auftrat. Dieser Begriff war
bis in die 1980er Jahre gebräuchlich, bis die Bezeichnung der Erkrankung in
„Posttraumatische Belastungsstörung“ (PTBS) geändert wurde. Seither bekommen
auch andere Menschen, die beispielsweise nicht in einem Krieg waren, aber Opfer
von Autounfällen, häuslicher Gewalt, Vergewaltigung, Inzest oder anderen Traumata
wurden, endlich die Hilfe, die sie brauchen – selbst die Störung ist klar definiert,
beschrieben und erforscht. Was man im Trauma erlebt, vergisst man nie.
Yoga Nidra reduziert chronische Schmerzen
Unser Körper möchte sich selbst heilen – Yoga Nidra gibt ihm die Zeit dafür. Erinnern
Sie sich an die Deltawellen, die ich zuvor erwähnt habe? Und an das
parasympathische Nervensystem? Yoga Nidra hilft uns, vom Tun ins Sein zu
wechseln, um uns auszuruhen. Wie der Boston Globe berichtet, „hat der
Generalchirurg der US-Armee Yoga Nidra als Intervention bei der Behandlung
chronischer Schmerzen zugelassen“. Die Praxis des Yoga-Schlafs gibt dem
Körper Zeit, sich auszuruhen, zu regenerieren und zu erneuern, wodurch
Entzündungen reduziert und die Funktion des Immunsystems verbessert werden.
Stimmungsschwankungen während des PMS
ausgleichen
Wenn Sie sich dabei ertappen, wie Sie nach „Wie man Menstruationsbeschwerden
loswird“ googeln, ist es vielleicht an der Zeit, Yoga Nidra auszuprobieren. Eine Studie
mit 150 Frauen mit einer unregelmäßigen Menstruation (starke Schmerzen,
unvorhersehbare Zyklen) ergab, dass Frauen, die Medikamente einnahmen und an
fünf Tagen pro Woche 35 bis 40 Minuten Yoga Nidra praktizierten, weniger
Symptome wie schmerzhafte Krämpfe, Angstzustände und Depressionen verspürten
als Frauen, die nur Medikamente einnahmen.
Yoga Nidra verbessert den Schlaf und reduziert
Schlaflosigkeit
Schlaflosigkeit und Schlafmangel tragen zu psychischen Störungen, einer
verminderten Stressbewältigung und einer Schwächung des Immunsystems bei. Die
National Sleep Foundation in den USA empfiehlt Erwachsenen und jungen
Erwachsenen, jede Nacht 7-9 Stunden zu schlafen. Yoga Nidra trainiert Geist und
Körper, um sich zu entspannen und den Übergang in tiefere Schlafphasen zu
erleichtern. 45 Minuten Yoga Nidra entsprechen bis zu drei Stunden Schlaf!
Yoga Nidra ist eine gute Möglichkeit, den Schlaf zu ergänzen, wenn Sie nachts
schlecht schlafen. Sie können Yoga Nidra beispielsweise auch während der
Mittagspause oder kurz vor dem Schlafengehen ausprobieren – kuscheln Sie sich
einfach ins Bett und bereiten Sie sich auf einen erholsamen Schlaf vor.
Verringerung der Symptome von Typ-2-Diabetes
Die Vorteile von Yoga Nidra und anderen tiefen Entspannungspraktiken können auch
Menschen mit Typ-2-Diabetes betreffen. Eine im Indian Journal of Physiology and
Pharmacology veröffentlichte Studie ergab, dass Yoga Nidra die Symptome von
Diabetes lindern und helfen kann, den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren.
Es hilft den Dopaminspiegel zu erhöhen
Wir wissen bereits, dass Yoga unser Gehirn verändert. In einer bahnbrechenden
Studie aus dem Jahr 2002 bestätigten Wissenschaftler mithilfe von Untersuchungen
den natürlichen Effekt von Yoga Nidra auf die Erhöhung des Dopaminspiegels.
Bereits eine Sitzung Yoga Nidra führte zu einer Steigerung der
Dopaminfreisetzung um 65%, was zeigt, dass die Praxis die Bewusstseinszustände
auf synaptischer Ebene reguliert.
Computertomographien des Gehirns von Yoga Nidra-Praktizierenden zeigen
mehrere interessante Punkte:
• Die Probanden befanden sich in einem Zustand tiefer Entspannung, waren
aber nicht schläfrig.
• Der Meditationszustand unterscheidet sich grundlegend vom Schlafzustand
und beinhaltet ein bewusstes Gewahrsein.
• Dieser Zustand hielt 45 Minuten an und war gleichmäßig im gesamten
Gehirn verteilt.

Sankalpa – Die Saat des zukünftigen Wachstums
säen
Die Arbeit mit Sankalpa (Vorsatz oder positive Affirmation) in Yoga Nidra kann
Veränderungen in Denken, Beziehungen und Erfolg fördern, die das Leben
verändern. Es ist ein Werkzeug, das Yogis seit vielen Jahren nutzen, um große
Leistungen zu vollbringen. Die Arbeit mit Sankalpa hilft, neue sattvische Eindrücke im
Geist zu schaffen und kann uns in einen Zustand der Klarheit, der Übereinstimmung
mit unserem Dharma und der Verbindung mit der göttlichen Weisheit bringen.
Beispiele für beliebte Sankalpas wären beispielsweise; „Ich bin ruhig“, „Ich bin stark“
und „Ich bin ein Zeuge“, aber man kann natürlich auch eigene erfinden.
Wie Sie sehen, hat Yoga Nidra einige Vorteile. Wenn Sie es noch nicht ausprobiert
haben, empfehle ich Ihnen, die unbedingt zu tun. Es erfordert keine speziellen
Hilfsmittel und man kann es zu Hause im Pyjama machen. Darüber hinaus gibt keine
Möglichkeit, es falsch zu machen. Ich empfehle Ihnen, eine Aufnahme zu finden, die
mit Ihnen resoniert, wodurch Sie sie regelmäßig ausüben können. Hier wäre gleich
eine Aufnahme bzw. Übung, die Sie gerne ausprobieren können.